Der Sanctions Compliance Officer (SCO) – ein Alien in der Compliance-Welt?

Der Sanctions Compliance Officer (SCO) – ein Alien in der Compliance-Welt?

In der Compliance-Welt taucht eine neue, fast außerirdisch anmutende Figur auf – der Sanctions Compliance Officer (SCO). Die kürzlich veröffentlichten Leitlinien der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA) rücken diese Rolle ins Rampenlicht und zeigen, wie zentral sie für die Einhaltung von Sanktionsvorschriften ist. Doch warum erscheint uns der SCO manchmal wie ein Alien?

Warum ein „Alien“?

Der Vergleich ist natürlich humorvoll gemeint, trifft aber einen Nerv. Der SCO scheint auf den ersten Blick nicht ganz in die etablierte Struktur vieler Finanzinstitute zu passen. Seine Rolle ist anders, neu und komplex. Der SCO muss unabhängig vom operativen Geschäft agieren, gleichzeitig aber tief genug eingebunden sein, um die Prozesse und Risiken des Instituts zu verstehen. Er hat direkten Zugang zur Geschäftsleitung und trägt Verantwortung für Berichte, Schulungen und die Überwachung von Maßnahmen – ohne jedoch über ein uneingeschränktes Mandat zu verfügen. Außerdem verbindet er verschiedene Funktionen in einer Person: Der SCO ist Detektiv, Lehrer und Stratege zugleich, da er Risiken aktiv aufdeckt, Schulungsprogramme entwickelt und Lösungen erarbeitet, um Sanktionsvorschriften in die tägliche Praxis zu integrieren. Diese Balance zu halten, ist anspruchsvoll – sowohl für den SCO selbst als auch für das Institut, das ihn in diese Rolle bringt.

Die EBA-Leitlinien: Was steckt dahinter?

Die EBA betont in ihren neuen Leitlinien, dass die Rolle des SCO keine bloße Formalität ist. Vielmehr ist sie ein essenzieller Baustein, um mit den wachsenden Anforderungen der EU-Sanktionsvorschriften Schritt zu halten. Zu den zentralen Aspekten zählen:

  • Ernennung und Positionierung: Der SCO kann durch den AML Officer (AMLO) oder den Chief Compliance Officer (CCO) besetzt werden – vorausgesetzt, es gibt keine Interessenkonflikte und die Person kann ihre bisherigen Aufgaben weiterhin erfüllen.
  • Governance und Unabhängigkeit: Der SCO operiert innerhalb eines klar definierten Governance-Rahmenwerks, das von der Geschäftsleitung unterstützt und jährlich überprüft wird.
  • Schulungsstrategie: Der SCO entwickelt maßgeschneiderte Schulungen für alle relevanten Mitarbeiter, um das Bewusstsein für Sanktionsrisiken und mögliche Umgehungsversuche zu schärfen.

Die Herausforderungen für Finanzinstitute

Die Einführung des SCO bringt neue Herausforderungen mit sich. Finanzinstitute müssen sicherstellen, dass ausreichend Ressourcen und eine geeignete Struktur zur Verfügung stehen, was insbesondere für kleinere Institute eine Herausforderung darstellen kann. Um Sanktionsrisiken effektiv überwachen zu können, benötigt der SCO spezialisierte Screening-Systeme und Technologien, die laufend aktualisiert werden müssen. Darüber hinaus ist es entscheidend, dass der SCO nicht nur formal eingeführt, sondern auch als strategischer Partner innerhalb des Unternehmens anerkannt wird. Diese kulturelle Akzeptanz ist entscheidend, damit der SCO seine Aufgaben effektiv erfüllen kann.

Der SCO als Compliance-Zukunft

Die EBA-Leitlinien machen deutlich: Der SCO ist keine vorübergehende Modeerscheinung, sondern eine strategische Antwort auf die zunehmende Komplexität der regulatorischen Anforderungen. Finanzinstitute sollten die Rolle nicht als Last, sondern als Chance begreifen – als Möglichkeit, ihre Compliance-Strategien zukunftssicher zu gestalten.

Mehr zum Thema

Können wir Sie unterstützen? Kontaktieren Sie uns für einen ersten Austausch!