ENERGIE­EFFIZIENTE GEBÄUDE:Warum Energiekonzepte die Zukunft bestimmen

Mit energieeffizienten Gebäuden die Energiewende vorantreiben

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Autoren: Daniel Böhm, Energie-Experte bei WAVESTONE und Felix Heimke, Energie-Experte bei WAVESTONE

Energieeffiziente Gebäude sind zentral für die erfolgreiche Energiewende. Doch wie lassen sich nachhaltige Energiekonzepte in Gebäuden konkret umsetzen? Erfahren Sie, welche Hebel und Maßnahmen die Bilanz verbessern, welche Rahmenbedingungen zu beachten sind und wie ein erfolgreiches Beispiel aussieht.

Nachhaltige Gebäude-Energiekonzepte für die Umwelt entscheidend

Gebäude sind wahre Energiefresser: Auf sie entfallen fast 40 Prozent des europäischen Gesamtenergieverbrauchs. Damit tragen sie maßgeblich zum Anstieg der globalen CO2-Emissionen bei. Einer der stärksten Hebel zur Treibhausgasvermeidung liegt daher darin, den Energiebedarf von Gebäuden zu reduzieren.

Text BoxWie wichtig Klimaschutz ist, hat auch die Politik erkannt: Deutschland hat sich zum Ziel gesetzt bis 2045 klimaneutral zu sein. Der Primärenergiebedarf von Gebäuden soll bis 2050 um 80 % gesenkt werden.

40%

beträgt der Anteil von Gebäuden am gesamten europäischen Endenergie­verbrauch

Diese Klimaziele können wir aber nur durch einen massiven Wandel hin zu nachhaltigeren Energiekonzepten im Gebäudesektor erreichen. Energieverbrauch und Nachhaltigkeit sind daher sowohl bei der Planung und Errichtung von Neubauten als auch bei der Modernisierung von bestehenden Gebäuden von zentraler Bedeutung. Doch was kann und muss konkret passieren, damit unsere Gebäude in naher Zukunft nachhaltiger werden – und die Energiewende gelingen kann?

Der Weg zu nachhaltigeren Energiekonzepten: 2 zentrale Hebel

Um den Energiebedarf im Gebäudebereich zu senken und CO2-Ausstöße zu reduzieren, sind zwei Hebel entscheidend:

1. Umstieg von fossilen hin zu erneuerbaren Energieträgern
2. Nachhaltige Verbesserung der Energieeffizienz von Gebäuden

In beiden Bereichen bietet der Gebäudesektor erhebliche Potenziale.

Erneuerbare Energien für energieeffiziente Gebäude nutzen

Zunächst bestehen im Gebäudebereich vielfältige Möglichkeiten für den Einsatz erneuerbarer Energien. Die Wahl lokaler Energiequellen spielt dabei eine wichtige Rolle, wobei sich für urbane und suburbane Räume unterschiedliche Ansätze anbieten. Darüber hinaus können weitere nachhaltiger Energiequellen bei Gebäuden effektiv zum Einsatz kommen.

Nutzung von Fernwärme und BHKW-Netzwärme im urbanen Raum

Urbaner Raum: Fernwärme & BHKW-Netzwärme

In urbanen Gebieten eignet sich die Nutzung von Fernwärme in besonderem Maße. Diese lässt sich aufgrund der Skalierbarkeit kostengünstig und effizient in Städten einsetzen. Durch den Einsatz von KWK-Kraftwerken lässt sich im Vergleich zur herkömmlichen Energieerzeugung massiv CO2 einsparen. Ein weiteres zukünftiges nachhaltiges Wärmeangebot in städtischen Regionen können lokale BHKW-Nahwärmenetze darstellen, die Biogas oder erneuerbaren Wasserstoff nutzen.

Einsatz von Wärmepumpen im Suburbanen und ländlichen Raum

Suburbaner & ländlicher Raum: Einsatz von Wärmepumpen

In ländlicheren Gegenden erscheint insbesondere der Einsatz von Wärmepumpen als vielversprechend. Bei Wärmepumpen kommt die Wärme aus Luft, Erdreich oder Wasser zum Einsatz. Die Herausforderungen dabei sind gewaltig: Soll der CO2-Ausstoß entsprechend den Klimazielen verringert werden, müssten wir in Deutschland allein in den nächsten 30 Jahren elf Millionen konventionelle Heizungen auf Basis fossiler Energieträger durch Wärmepumpen ersetzen.

Hier ist vor allem der Gesetzgeber gefordert, um geeignete Anreize zum Wechsel der Wärmeenergieträger bei Wohngebäuden zu schaffen, die häufig im Besitz privater Eigentümer:innen sind. Doch auch Nichtwohngebäude sind beim Umstieg auf erneuerbare Energien stets miteinzubeziehen.

Nachhaltige Energiequellen nutzen und Energiebilanz reduzieren

Nachhaltige Energiequellen nutzen

Der Einsatz anderer nachhaltiger Energiequellen wie Solar-, Wind- oder Bioenergie trägt ebenso dazu bei, die Energiebilanz zu reduzieren. Laut der Internationalen Organisation für Erneuerbare Energien (IRENA) könnte beispielsweise allein Solarstrom 13 Prozent der weltweiten Stromerzeugung bis 2030 decken.

Solaranlagen nehmen auch bei der Etablierung dezentraler Gebäudeenergiesysteme einen hohen Stellenwert ein. Vor allem in Verbindung mit Heimbatteriesystemen spielt die Technologie eine tragende Rolle bei der Entstehung von ganzheitlich energetisch autarken Gebäuden. Diese kombinieren eine Photovoltaikanlage und einen Batteriespeicher mit einem intelligenten Energiemanagementsystem, um Verbraucher:innen, wie etwa die Wärmepumpenheizung oder das Elektroauto, möglichst effizient und nachhaltig zu betreiben.

Verbesserung der Energieeffizienz von Gebäuden

Der zweite Hebel besteht darin, die Energieeffizienz von Gebäuden durch eine Kombination aus Energieeinsparung zu verbessern. Denn am umweltfreundlichsten und günstigsten ist die Energie, die gar nicht erst verbraucht wird.

75%

der Energie in Haushalten
wird durch Raumwärme verbraucht

Rund drei Viertel des Energieverbrauchs in Haushalten entfällt auf die Bereitstellung von Raumwärme. Um die angestrebten Klimaziele zu erreichen, ergeben sich daher besondere Anforderungen an die Wärmeversorgung von Gebäuden. Vor allem zwei Faktoren tragen dazu bei den Wärmeverbrauch zu verringern:

1. Dämmung der Fassaden sanierungsbedürftiger Gebäude
2. Modernisierung und Wechsel von Heizungen bei älteren Gebäuden

Ein Großteil der bestehenden Häuser in Deutschland wurden zu einer Zeit gebaut als sie noch keine energetischen Anforderungen erfüllen mussten. Allein über die Hälfte der Fassaden ist heute beispielsweise noch ungedämmt. Dennoch liegt die Sanierungsrate des Gebäudebestands aktuell nur bei etwa einem Prozent.
Um die Klimaziele zu erreichen, ist es essenziell, die energetische Gebäudesanierungsquote zukünftig auf mindestens zwei Prozent zu steigern. Damit das gelingt, müssen insbesondere für Eigentümer:innen attraktive Investitionsbedingungen geschaffen werden.

Mit der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) fördert der Staat bereits verschiedene Maßnahmen zur Sanierung von Gebäuden, die dauerhaft Energiekosten einsparen und damit das Klima schützen. Einige der Förderprogramme, z. B. die KfW-Programme, sind aufgrund des großen Andrangs allerdings aktuell vorerst gestoppt (Stand: Februar 2022).

Zu den weiteren Maßnahmen, die Wohn- und Nichtwohngebäude energieeffizienter machen, zählen beispielsweise:

  • Luftdichte Herstellung von Gebäuden, um Wärmeverlusten entgegenzuwirken
  • Wärmerückgewinnung durch den Einsatz von Lüftungsanlagen
  • Energieoptimierte Licht- und Beleuchtungssysteme, z. B. durch Bewegungsmelder oder Zeitschaltuhren
  • Einsatz effizienter Kühlsysteme, z. B. in Rechenzentren
  • Effiziente technische Gebäudeausrüstung und Anlagetechnik, z. B. bei Raumluft-, Wärme- oder Elektrotechnik

Es ist zentral, neue Anreize für energetische Sanierungen zu schaffen – denn der Erfolg der Energiewende hängt am Gebäudesektor.

Auf dem Weg zur Klimaneutralität - Verbesserung der Energieeffizienz von Gebäuden

Energieeffizienz von Gebäuden aktiv managen

Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz von Gebäuden sind ein wichtiger Baustein auf dem Weg zur Klimaneutralität.

Gesetzliche Rahmenbedingungen bei Energiekonzepten für Gebäude

In einem Umfeld, in dem energiewirtschaftliche, miet-, bau- und immobilienrechtliche Aspekte aufeinandertreffen, ist zunehmend der Gesetzgeber gefordert, um geeignete Rahmenbedingungen zur Stärkung innovativer und nachhaltiger Energiekonzepte zu etablieren.

Einen ersten Schritt hierzu stellt das Mieterstromgesetz dar, das erzeugten und verbrauchten Strom gezielt fördert. Damit können Wohnungsbauunternehmen oder Vermieter:innen an einem neuen Geschäftsmodell teilhaben und ihren Mietern lokalen, erneuerbaren Strom anbieten.

Eine weitere wichtige Bestimmung, die zur Umsetzung einer nachhaltigen und effizienten Gestaltung von Gebäuden beiträgt, ist das Gebäudeenergiegesetz (GEG). Das im November 2020 in Kraft getretene GEG legt erstmals einen vorgeschriebenen energetischen Standard von Gebäuden fest und definiert ein Niedrigstenergiegebäude. Neubauten und Sanierungen müssen sich daher in Zukunft an einheitlichen Regeln orientieren, die die Energieeffizienz und erneuerbare Energien gleichermaßen berücksichtigen.

Energieeffiziente Gebäude: Beispiel Mehrfamilienhaus-Quartiersgebäude

Besonders Mehrfamilienhäuser im suburbanen Raum bergen erhebliches Potenzial. So lassen sie sich als Quartiersgebäude, die als Neubau bereits einen hohen Dämmstandard aufweisen, in einem lokalen Energienetz miteinander verbinden.

An den Fassaden und auf den Dächern sorgen Solarthermie- und Photovoltaikanlagen in Kombination mit einer Wärmepumpe für die lokale Energieversorgung. Die erneuerbaren Erzeugungskapazitäten dienen gleichzeitig für die Belieferung von Elektroladestationen am oder im Haus. Zentral installierte Batterie- und Warmwasserspeicher im Zusammenspiel mit einer Holzhackschnitzelheizung garantieren im optimalen Fall eine ganzjährige und nachhaltige Energieversorgung.

Die eingesetzten Batterie- und Speichersysteme können zusätzlich durch den vorgelagerten Netzbetreiber oder Aggregatoren netzdienlich eingesetzt werden und mindern den Netzausbau.

Energiekonzepte für Wohngebäude

Energieeffiziente Gebäude – Beispiel Mehrfamilienhaus

Nachhaltige Energiekonzepte ermöglichen in Zukunft neue Geschäftsmodelle.

Zusätzliche Vorteile: Neue Geschäftsmodelle & Flexibilitätsvermarktung

Speicherbetreiber können hierdurch zukünftig die Flexibilität der gebäudeseitigen Energiesysteme als Kernkompetenz in der Verzahnung von zentralen und dezentralen Systemen nutzen. Durch die Aggregation mehrerer Anlagen bieten sich neue Geschäftsmodelle für netzdienliche Dienstleistungen, wie z. B.:

  • Redispatch-Vermeidung
  • Schwarzstartfähigkeit von Energiesystemen
  • Blindleistungs- und Regelenergie­bereitstellung
  • Direktvermarktung

Solche nachhaltigen Quartierslösungen schaffen neben neuen Geschäftsmodellen für Lokalstrom außerdem innovative Vermarktungsmodelle im Bereich der Flexibilitätsvermarktung.

Energiesysteme für Gebäude & Digitalisierung: Der Weg zur Smart City

Auch die Digitalisierung spielt in Zukunft eine wichtige Rolle, auch mit Blick auf die Energieeffizienz und flexible Wohnkonzepte. Durch digitale Technologien lassen sich z. B. Energieströme von Gebäuden transparent machen und daraufhin optimieren. Sie ermöglichen außerdem die smarte Steuerung, etwa von Heizung, Beleuchtung oder elektrischen Geräten.

In Verbindung mit der Verarbeitung von energiebezogenen Daten in Echtzeit könnten solche smar-ten Gebäude und Quartiere – unter Einhaltung von Datenschutz-Standards – auch einen wesentli-chen Beitrag zur Entwicklung einer nachhaltigen Smart City und dem Aufbau eines großen intelli-genten Stromnetzes leisten.

Wie kann die Umsetzung effizienter Energiekonzepte für Gebäude gelingen?

Der Gebäudesektor ist zentral, um Effekte auf die Umwelt zu reduzieren und die ambitionierten Klimaziele erreichen zu können. Das kann nur mit Hilfe effizienter und nachhaltiger Energiekonzepte gelingen, die den Energieverbrauch von Gebäuden minimieren und die ihre Zukunftsfähigkeit sichern.

Die Transition zu erneuerbaren Energiesystemen für Gebäude kann jedoch nicht allein durch Optimierungen in den einzelnen Sektoren gelingen. Erst wenn die verschiedenen Sektoren wie Elektrizität und Wärme gekoppelt und ganzheitlich betrachtet werden, lassen sich Skalierungs- und Effizienzpotentiale nutzen.

Um ein ganzheitliches nachhaltiges Energiekonzept zu entwickeln, gilt es zudem, immer das gesamte Gebäude sowie dessen Nutzung einzubeziehen. Erst im Anschluss lassen sich passgenaue Maßnahmen auswählen, um das entsprechende Gebäude so klimaneutral wie möglich zu machen. Damit die Wirtschaftlichkeit gewährleistet ist und die Investitionskosten so gering wie möglich bleiben, ist dabei eine umfassende Beratung und Planung entscheidend.

Gerne geben wir von WAVESTONE unser Wissen an Sie weiter: Gemeinsam entwickeln wir sektorübergreifende Geschäftsmodelle für kommunale und regionale Energieversorger oder Wohnungsbaugesellschaften sowie ganzheitliche Smart-City-Strategien für kommunale Entscheidungsträger:innen.
Erfahren Sie hier, wie wir Sie bei den Herausforderungen der Energiewirtschaft unterstützen.

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Daniel Böhm

Energie-Experte bei WAVESTONE

Felix Heimke

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Alwin Jobb

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