Pflichtversicherung für Elementarrisiken aus aktuarieller Sicht
Pflichtversicherung für Elementarrisiken aus aktuarieller Sicht
Die Frage nach der Notwendigkeit einer Pflichtversicherung gegen Elementarschäden wird bereits seit einiger Zeit diskutiert. Zum einen hat es eine solche in Baden-Württemberg in früheren Jahren bereits einmal gegeben, zum anderen wird der Ruf danach bei gravierenden Naturereignissen regelmäßig laut. Die seit April 2025 amtierende neue Bundesregierung scheint diesem Ruf nun folgen zu wollen.
Da auch bei dieser Fragestellung jenseits politischer Präferenzen der Teufel im Detail steckt, ist es mehr als sinnvoll, das Thema nicht nur politisch, sondern auch fachlich zu beleuchten. Für die Politik ist eine Pflichtversicherung vordergründig attraktiv, da der Staat im Katastrophenfall nicht finanziell einspringen müsste. Allerdings wird dabei außer Acht gelassen, dass diese Risikoabsicherung zunächst einmal mit Prämien unterlegt werden muss. Und genau bei der Festlegung dieser Prämienhöhe beginnen die Schwierigkeiten.
Einerseits müssen die Prämien risikogerecht sein, da sonst eine adverse Selektion entsteht. Werden geringere Prämien verlangt, als es das Risiko gebietet, so zieht dies „schlechte“ Risiken an. Es entsteht die Gefahr, dass im Schadenfall die Prämien nicht ausreichen, um die Schäden zu decken. Gleichzeitig weichen „gute“ Risiken, die zu hohe Prämien zahlen, auf für sie günstigere Anbieter aus.
Da aber gerade die „schlechten“ Risiken den meisten Schutz benötigen, wird der Ruf nach Prämiendeckelung oder sozialem Ausgleich laut. Dies wiederum läuft aber der Selektionswirkung der Prämie entgegen. Im Extremfall kann eine zu extreme Deckelung sogar Versicherer aus dem Markt drängen, wenn die Auskömmlichkeit der Versicherung generell nicht mehr sichergestellt werden kann.
Darüber hinaus gibt es aus aktuarieller Sicht weitere ungeklärte Fragestellungen, die so auch von der DAV angeführt werden:
- Neben der Absicherung des Risikoeintritts kann durch Präventionsmaßnahmen das Risiko insgesamt gesenkt werden. Hier sind aber die Handlungsmöglichkeiten des Einzelnen an seinen Gebäuden beschränkt, während Gemeinden durch bauliche Maßnahmen und entsprechende Planungen viel bewirken können.
- Elementargefahren sind sehr kumul-lastig und erfordern somit überproportional viel Rückversicherungsbeteiligung, um die Risiken tragbar zu halten. Hier ist unklar, inwieweit ohne staatliche Garantien die benötigte Kapazität sichergestellt werden, kann und ob etwaige Lücken staatlicherseits geschlossen werden.
Als Fazit lässt sich konstatieren, dass die Einführung einer Pflichtversicherung als Pauschallösung im Kampf gegen die Auswirkungen des Klimawandels wenig taugt und zu kurz gegriffen ist, wenn man die genannten grundlegenden aktuariellen Fragen und ökonomischen Wirkungsweisen nicht mitberücksichtigt. Hier kann Kalifornien als mahnendes Beispiel dienen, wo sich Versicherer wegen zu starker Deckelung der Prämien aus der Feuerversicherung zurückgezogen haben, sodass am Ende weniger Schutz bestand als vorher.