Banken im Fokus: Dual-Use-Risiken, Shahed-Drohnen und die neue EU-Geldwäscherichtlinie

Banken im Fokus: Dual-Use-Risiken, Shahed-Drohnen und die neue EU-Geldwäscherichtlinie

Der Einsatz iranischer Shahed-Drohnen durch Russland im Ukrainekrieg ist nicht nur ein geopolitisches, sondern auch ein Compliance-Thema. Diese Drohnen bestehen überwiegend aus Dual-Use-Komponenten, also Bauteilen, die eigentlich für zivile Zwecke entwickelt wurden, aber in der Rüstungsproduktion eine entscheidende Rolle spielen. Mikrocontroller, GPS-Module, Kugellager oder Verbundstoffe, die weltweit millionenfach gehandelt werden, können im falschen Kontext zu Schlüsseltechnologien der Kriegsführung werden.

Doch wie gelangen diese Teile in die Drohnenproduktion? Der Weg führt oft über komplexe Liefer- und Finanzketten, bei denen Banken, etwa durch die Abwicklung von Zahlungen, die Finanzierung von Handelsgeschäften oder durch Korrespondenzbanken im internationalen Zahlungsverkehr, eine entscheidende Rolle spielen.

Für Banken bedeutet dies eine doppelte Herausforderung: Sie stehen einerseits im Zentrum der Sanktionseinhaltung und müssen verhindern, dass Zahlungen für solche Komponenten unentdeckt in kritische Lieferketten fließen. Andererseits verschärfen die neuen europäischen Geldwäscheregeln die Anforderungen an Sorgfalt, Monitoring und Transparenz.

Dual-Use als Achillesferse der Finanzaufsicht

Ein zentrales Problem für Compliance-Abteilungen ist die Alltäglichkeit der Dual-Use-Bauteile:

  • Elektronik: Die in Drohnen verbauten Chips und Regler sind dieselben, die in Haushaltsgeräten oder Autos genutzt werden.
  • Mechanik: Hochwertige Kugellager oder Leichtmetalle finden sich sowohl in Maschinenbauanlagen als auch in Flugkörpern.
  • Antrieb: Der Motor der Shahed basiert auf einem ursprünglich zivilen Kleinflugzeugdesign.
  • Sensorik: Navigations- und Kamerasysteme, wie sie in Landwirtschafts- oder Vermessungsdrohnen üblich sind, werden militärisch eingesetzt.

Die eigentliche Gefahr für Banken liegt also nicht in der Finanzierung offensichtlicher Waffenexporte, sondern in der Abwicklung scheinbar banaler Zahlungen, die erst im Zusammenhang mit der Produktion von Drohnen ihren militärischen Charakter offenbaren.

Banken als kritische Schnittstelle

Banken sind das Nadelöhr, durch das nahezu jeder internationale Warenfluss läuft. Im Fall von Dual-Use-Teilen für Drohnen zeigt sich die Verquickung besonders deutlich:

  • Zahlungsabwicklung: Ein Händler in Deutschland verkauft Elektronikchips an einen Zwischenhändler in der Türkei. Die Zahlung läuft über eine deutsche Bank. Auf den ersten Blick unauffällig, weil Chips nicht auf einer Waffenliste stehen. Tatsächlich gelangen sie später jedoch in Drohnenbauteile.
  • Handelsfinanzierung: Über Akkreditive oder Dokumenteninkassi werden Lieferungen von Kugellagern oder Leichtmetallen finanziert. Banken, die diese Geschäfte begleiten, übersehen oft, dass die Güter militärische Endverwendung haben könnten.
  • Korrespondenzbanken: Selbst wenn deutsche Banken keine direkten Geschäftsbeziehungen unterhalten, können sie durch ihre Rolle im internationalen Zahlungsverkehr Teil der Transaktionskette werden. Dies ist etwa der Fall, wenn Zahlungen über VAE oder Armenien verschleiert werden.
  • Strohfirmen und Scheingeschäfte: Viele Dual-Use-Lieferungen laufen über Firmenkonstrukte, die sich als Konsumgüterhändler tarnen. Banken, die deren Zahlungen ohne vertiefte Analyse durchlassen, tragen unbeabsichtigt zur Beschaffung bei.

Die neue EU-Geldwäschearchitektur als Hebel

Hier knüpfen die Reformen mit der 6. Geldwäscherichtlinie (AMLD 6), der Anti-Money-Laundering-Verordnung (AMLR) und der neuen Anti-Money-Laundering-Authority (AMLA) an. Sie zwingen Banken, nicht nur klassische Geldwäsche- oder Terrorismusfinanzierung im Blick zu haben, sondern auch Sanktions- und Dual-Use-Risiken:

  • Erweiterte Sorgfaltspflichten: Hochrisikoländer und sensible Branchen erfordern tiefere Prüfungen.
  • Strafbarkeit von Beihilfe: Bereits die Abwicklung einer Zahlung für Bauteile, die potenziell in Drohnen landen könnten, kann strafrechtlich relevant sein.
  • Transparenzregister: Mit zentralisierten EU-Registern für wirtschaftlich Berechtigte werden Strohfirmen und verschachtelte Strukturen schwieriger nutzbar.
  • Direkte EU-Aufsicht: Seit dem 1. Juli 2025 überwacht die AMLA Hochrisikoinstitute direkt.

Fazit

Die Verquickung von Banken, Zahlungsströmen und Dual-Use-Einzelteilen zeigt: Die Risiken liegen nicht in klar erkennbaren Waffenlieferungen, sondern verbergen sich in der alltäglichen Handelsfinanzierung. Die neue EU-Geldwäschearchitektur verschärft deshalb nicht nur die Pflichten, sondern auch die Haftungsrisiken für Banken.

Wer als Institut die Bereiche Know-Your-Customer (KYC), Transaktionsmonitoring und Trade-Finance-Kontrollen konsequent anpasst, kann frühzeitig, wenn scheinbar harmlose Bauteile zu Bestandteilen von Drohnen werden. Damit wird Compliance nicht nur zu einer regulatorischen Pflicht, sondern zu einem entscheidenden Beitrag internationaler Sicherheit.

Mehr zum Thema

Können wir Sie unterstützen? Kontaktieren Sie uns für einen ersten Austausch!