Risikomanagement Blog-Archiv

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Dezember 2022

„Sichern Sie sich 10 % Umweltrabatt beim Abschluss Ihrer E-Autoversicherung“ – so beginnen die ersten Google-Treffer, wenn man nach einer Versicherung für E-Fahrzeuge sucht. Besonders in der Wechselsaison, d. h. in den Wochen vor dem 30. November, ein verlockendes Angebot. Während Lebensversicherer mit nachhaltigen Fonds in ihren Policen werben, gewähren Autoversicherer wie Allianz und HUK Öko-Rabatte auf Kfz-Versicherungen für elektrisch betriebene Fahrzeuge und incentivieren damit umweltfreundliche Mobilitätsformen. Auf den ersten Blick eine runde Sache.

Doch vernachlässigt man aufseiten der Versicherer die Gewinnmarge und zusätzlich anfallende Kosten beim Versicherungsbeitrag, ist Sinn und Zweck des Nettobeitrags einer Autoversicherung vor allem eines: den erwarteten Schaden ausreichend decken. In Bezug auf diese Größe sollten Preisnachlässe auch nur dann gewährt werden, wenn der erwartete Schaden bei E-Autos dementsprechend niedriger ausfällt als der von herkömmlichen Verbrennern. Oder im Umkehrschluss: sollten sich E-Fahrzeuge als schadenträchtiger erweisen, wäre eine Rabattierung nicht angemessen und könnte für unprofitables Geschäft sorgen.

Das zunächst als gefährlicher eingestufte Brandrisiko hat sich zwar bislang nicht bestätigt, dennoch erhöhen teure Batterien und höhere Beschaffungskosten bei Halbleitern und Rohstoffen das Exposure. Das größere Gewicht und eine veränderte Konstruktion der elektrisch betriebenen Fahrzeuge sowie deren schnelle Beschleunigung nehmen auf das Fahrverhalten und damit die Unfallanfälligkeit Einfluss. Die Analysen auf Schadenhäufigkeit, -höhe und letztlich -bedarf sowie die zugehörige Charakterisierung der Verteilungen dieser Kenngrößen (z. B. ermittelt über Verteilungsfits) müssen für Haftpflicht- und Kaskoversicherungen getrennt erfolgen, da unterschiedliche Risikotreiber in den Versicherungsformen enthalten sind.

Laut GDV-Typklassenstatistik haben E-Autos in der Haftpflichtversicherung häufig eine günstigere Typklasseneinstufung als ihre vergleichbaren Verbrennermodelle. Im Schnitt ergeben sich daraus 10-15 % weniger bzw. weniger teure Schäden. Als Gründe werden geringere Reichweiten genannt, die Autofahrer zu einer vorausschauenden, batterieschonenden Fahrweise bewegen. Nachdem die Haftpflichtversicherung nur Schäden an Dritten deckt, spielen die oben genannten teuren Fahrzeugkomponenten keine Rolle bei der Ermittlung dieses Schadenbedarfs.

Anders sieht es bei Vollkaskoversicherungen aus. Eine Untersuchung der Axa hat ergeben, dass Besitzer:innen von E-Autos 50% mehr Schäden am eigenen Auto verursachen, als jene von Verbrennern. Insbesondere treten vermehrt Kollisionen in Form von Auffahrunfällen oder Unfällen beim Ein- und Ausparken auf. Grund hierfür sind ruckartige Beschleunigungen (der sog. Overtapping-Effekt), die besonders bei leistungsfähigen Fahrzeugen auftreten. Zudem stellt sich der Unterboden von E-Autos als „Achillesferse“ heraus, da die Batterie dort vergleichbar weniger geschützt ist als an den Fahrzeugseiten, was das Überfahren von Straßeninseln oder hohen Absätzen zur Schadenquelle macht.

Die Anzahl an Elektroautos auf den Straßen steigt und der sensible Umgang mit dem Gaspedal wird (womöglich) vertrauter. Für die Beantwortung der Frage, ob eine Incentivierung auch wirklich mit dem Schadenverhalten gerechtfertigt ist oder nicht, bedarf es noch mehr Daten, Erfahrungswerten und insbesondere ordentlicher statistischer Analysen. Die aktuellen Auswertungen und Erkenntnisse sind eher punktuell, nicht konsistent und manchmal sogar widersprüchlich.

Inmitten geopolitischer Spannungen und neuer regulatorischer Anforderungen bedingt durch den Klimawandel stellt sich mitunter die Frage, ob Unternehmen, insbesondere aus dem produzierenden Gewerbe, langfristig am Markt bestehen können. Herausforderungen können sich in diesem Zusammenhang durch die derzeitige Entwicklung am Energiemarkt ergeben (Stratmann, 2022). Auch sind hier das Aufrechterhalten funktionierender Lieferketten aufgrund verknappter Ressourcen zu nennen (Destatis, 2022), oder die Gewährleistung der physischen und digitalen Sicherheit des Unternehmens, welche infolge von Cyberattacken bedroht sein kann (Bitkom, 2022).  

Nationale und internationale Aufsichtsbehörden versuchen mit neuer Regulatorik beispielsweise ESG- und Reputationsrisiken entgegenzuwirken oder deren Management zu verbessern.  Hinzu kommen neue Anforderungen an finanzmarktorientierte Unternehmen, aber auch an jene, welche Künstliche Intelligenz (KI) verwenden oder entwickeln. Dieses Konvolut aus unterschiedlichsten Anforderungen an ein Unternehmen kann auf den ersten Blick erschlagend wirken – ist schlussendlich aber entscheidend, dass Unternehmen diese Anforderungen im Blick haben, um sich zukunftsfähig und resilient gegenüber diesen Risiken aufzustellen.  

Im Rahmen dessen gewinnt ein funktionierendes Internes Kontrollsystem (IKS), welches sowohl interne als auch externe Risiken adressiert, zunehmend an Bedeutung. 

Interne Risiken können auf unterschiedlichen Ebenen bestehen, wie auf der Unternehmens-, Prozess und IT-Infrastruktur-Ebene. Hierbei sind jeweils die wesentlichen Risiken zu identifizieren und durch entsprechende risikomindernde Maßnahmen und Kontrollen zu adressieren.  

Doch auch externe Risiken, die für die Lieferkette des Unternehmens relevant sind, sollten in Betracht gezogen werden. Aktuelle Einflussfaktoren sind etwa die Lage in der Ukraine, die dadurch bedingt stark gestiegenen Energiepreise und Engpässe in der Lieferkette durch Ausfälle von Lieferanten.  

Eine Kombination aus den beiden Betrachtungsweisen (intern / extern) ist mit einer Art „Frühwarn-Indikator-Tool“ zu vergleichen. Ein solches Tool, respektive ein erweitertes IKS, hilft demnach, um etwa stark steigenden Energiepreisen frühzeitig entgegenzuwirken und solche Situationen und Auswirkungen strategisch frühzeitig zu evaluieren. 

Bei einer unternehmerischen Tätigkeit lassen sich Risiken nicht vermeiden. Deswegen ist, um die Ausgangsfrage zu beantworten, ein IKS für die Unternehmen unerlässlich. Seine Bedeutung liegt darin, dass hierdurch Risiken für die unternehmerische Tätigkeit ersichtlich und verschriftlicht werden, wodurch Möglichkeiten zum Umgang solcher Risiken erarbeitet werden können, um das Eintreten dieser Risiken zu vermindern.  

Eine Analogie aus dem Mannschaftssport soll den Gedanken greifbarer machen: Wozu benötigt ein Fußballteam einen Trainer? Der Trainer versucht einem potenziellen Risiko (das gegnerische Team gewinnt) mittels geeigneter Maßnahmen (z. B. Training) entgegenzuwirken. Ohne einen geeigneten Trainer würde das Team wahrscheinlich weniger oft erfolgreich sein. Dasselbe gilt für Unternehmen ohne ein geeignetes IKS. 

 

Quellen: 

Bitkom (2022): 203 Milliarden Euro Schaden pro Jahr durch Angriffe auf deutsche Unternehmen. URL: https://www.bitkom.org/Presse/Presseinformation/Wirtschaftsschutz-2022 – abgerufen am 14.11.22. 

Destatis (2022): Zusammenhang zwischen Materialknappheit und Industrieaktivität. URL: https://www.destatis.de/DE/Themen/Branchen-Unternehmen/Industrie-Verarbeitendes-Gewerbe/materialknappheit-industrieaktivitaet.html – abgerufen am 14.11.22. 

Stratmann, Klaus (2022): Unternehmen pochen auf Industriestrompreis. Die große Mehrheit der Unternehmen fordert einer Umfrage zufolge eine europäische Lösung, zur Not aber auch einen nationalen Alleingang. In: Handelsblatt. URL: https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/energiekosten-unternehmen-pochen-auf-industriestrompreis/28687876.html – abgerufen am 14.11.22. 

Die Agentur der EU für Cybersicherheit (ENISA) hat am 11.11.2022 eine Auswahl zu erwartender Cybersicherheits-Bedrohungen für das Jahr 2030 veröffentlicht. Die zehn größten Bedrohungen wurden in der achtmonatigen Vorschaustudie in Zusammenarbeit mit dem CSIRTs Network und EU CyCLONe erarbeitet. Hierbei kamen unterschiedliche Methoden und Instrumente zum Einsatz, um realitätsnahe Szenarien zu entwickeln. 

Ergebnis der Studie ist eine äußerst vielfältige Bedrohungslandschaft. Im Fokus stehen etwa Lieferkettenengpässe aufgrund von Softwareabhängigkeiten, Falschinformationskampagnen und der Verlust der Privatsphäre durch eine zunehmende digitale Überwachung.   

Die unternehmensseitigen Optimierungsbestrebungen der Cybersicherheitslandschaft dürfen somit zu keiner Zeit zum Erliegen kommen. Zunehmende technologische Abhängigkeiten und neue technische Entwicklungen führen zu steigender Komplexität und stetiger Veränderung potenzieller Bedrohungsszenarien, auf die das Unternehmen schlimmstenfalls keine adäquate Antwort hat und womöglich den Angreifern schlussendlich schutzlos ausgeliefert ist.  

Unternehmen müssen daher höchst dynamisch sein und bleiben sowie sich frühzeitig auf die aktuellen Herausforderungen einstellen. Hierbei sind insbesondere präventive Maßnahmen zur Verbesserung der eigenen Cybersicherheitslandschaft indiziert, um die Widerstandsfähigkeit der Unternehmung weiter zu stärken. Nur so kann das Unternehmen adäquat auf zukünftige Bedrohungen reagieren.  

Im November veröffentlichte die Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersvorsorge (EIOPA) ihr Risiko-Dashboard. Darin werden die Solvency-II-Daten aus dem zweiten Quartal 2022 zu Grunde gelegt und die wichtigsten Risiken sowie Schwachstellen ausgewertet. Das größte Risikopotential steckt demnach derzeit in den Makro- und Marktrisiken, wohingegen beispielsweise Risiken aus den Bereichen ESG (Environment, Social und Governance), Digitalisierung sowie Rentabilität und Zahlungsfähigkeit auf mittlerem Niveau bleiben. 

Gründe für die hohe Bewertung der Makrorisiken sind einerseits der Rückgang der weltweiten BIP-Wachstumsprognose und andererseits die hohen Erwartungen des Verbraucherpreisindex in relevanten geografischen Regionen. Hinzu kommt, dass die Zentralbanken weiterhin ihre Geldpolitik normalisieren. 

Mit einem Blick auf die Renten- und Aktienmärkte fällt auf, dass die Volatilität über dem Durchschnittswert aus 2021 liegt, woraus sich die Einstufung der erhöhten Marktrisiken ergibt. Die Immobilienpreise bleiben eher konstant und steigen aktuell in der Breite nicht weiter an. Auch die Versicherer berücksichtigen diese Entwicklungen in ihrem Vorgehen, denn die Solvency-II-Zahlen aus dem zweiten Quartal 2022 zeigen, dass das Engagement in Anleihen und Aktien eher stabil blieb, während das Engagement in Immobilien leicht zunahm (beides im Median). 

In Bezug auf die Rentabilitäts- und Solvabilitätsrisiken nahmen die Renditen für Versicherer im betroffenen Zeitraum in allen Indikatoren ab, die Risiken an sich blieben konstant. Der wesentliche Faktor für aktuell hohe SCR-Quoten (Solvency Capital Requirement) der Versicherungsunternehmen könnte die Zunahme der Zinssätze seit Anfang des Jahres sein. Dieser Zinsanstieg führte allerdings zu Verlusten bei Derivaten, die gegen Zinsrückgänge absichern sollen. 

Hinsichtlich der Klimarisiken hielten die Versicherer ihre relativen Investitionen in grüne Anleihen konstant. 

Die Wesentlichkeit in Bezug auf Digitalisierungs- und Cyberrisiken für Versicherungsunternehmen verringerte sich aus Sicht der Aufsichtsbehörden leicht, doch die Unternehmen selbst sehen eine große Herausforderung beim Umgang mit Cybersicherheitsproblemen und hybriden geopolitischen Konflikten. 

Mit einem Blick auf die nächsten zwölf Monate sieht die EIOPA vor allem vermehrt Herausforderungen bei den Makro-, Kredit-, Markt-, ESG- und Digitalisierungsrisiken. Für Versicherer gilt es nun sich damit auseinanderzusetzen, inwieweit sie diesen zu erwarteten Risiken ausgesetzt sind und wie sie die Auswirkungen dieser auf ihr Unternehmen vermeiden oder mitigieren können. Das nächste Risiko-Dashboard wird somit zeigen, welche Risiken tatsächlich eingetroffen sind und wie sich diese auf Versicherer ausgewirkt haben. 

November 2022

Unter Übersterblichkeit versteht man eine Erhöhung der Sterberate im Vergleich zu einem empirisch berechneten Erwartungswert. Dieser Erklärung folgend ist während des Coronapandemiejahres 2020 eine periodenweise auftretende Übersterblichkeit zu beobachten. Das Statistische Bundesamt errechnete für das Jahr 2020 eine Übersterblichkeit von 5 % im Vergleich zum Vorjahr. Aufgrund der demografischen Entwicklung war ein Anstieg um 2 % erwartet worden. Im ersten Pandemiejahr (März 2020 bis Februar 2021) lag die Sterblichkeitsrate mit 7,5 % deutlich über der Sterblichkeitsrate des Vorjahres. Ausgehend von diesen Daten zeigt eine Modellrechnung der Deutschen Aktuarvereinigung (DAV) einen Anstieg der Barwerte einer einfachen Renten- oder Lebensversicherung um bis zu 9 % bzw. 29 % im Vergleich zu einer Modellrechnung ohne Coronaeinfluss.  

Die DAV, sowie eine internationale Studie der Swiss Re betonen, dass die Übersterblichkeit nicht dauerhaft, sondern punktuell mit Einfluss auf die verwendeten Mittelwerte auftritt. Noch ist unklar, ob sich diese Effekte normalisieren oder manifestieren. Deshalb ist die Empfehlung der DAV an das Risikomanagement, diese Effekte und die verursachenden Daten nicht zu ignorieren, sondern mit Hilfe angepasster Modelle als Extremereignisse zu berücksichtigen. 

Die Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (EIOPA) hat ihre Strategie für die kommenden vier Jahre (2023 bis 2026), sowie ein ausführliches Arbeitsprogramm für das kommende Jahr vorgestellt. Es stehen hierbei zwei Aspekte im Vordergrund: Sustainable Finance und Digitale Transformation.  

Die Digitale Transformation soll durch eine datengetriebene Kultur, sowohl bei den Versicherern als auch bei den Aufsichtsbehörden, weiter vorangebracht werden. Bezüglich Sustainable Finance will EIOPA vor allem regelmäßig Klimastresstests durchführen. Diese stellen eine Möglichkeit dar, bestehende Lücken im Schutz der Versicherungsnehmer zu identifizieren.  

Insgesamt umfasst die Strategie sechs Schwerpunkte. Neben den bereits genannten Schlagworten befasst sich EIOPA auch mit der finanziellen Stabilität des Finanzsektors, nicht zuletzt getrieben durch die unterschiedlichen Krisen im Weltgeschehen. Risikoanalysen sollen daher noch zielgerichteter bei den Aufsichtsbehörden als Entscheidungsgrundlage dienen.  

Im Arbeitsprogramm finden sich die bereits genannten Aspekte der Strategie detailliert wieder. Weiter soll u. a. auch ein Regelwerk für die Nutzung künstlicher Intelligenz aufgestellt werden, welches den AI Act der Europäischen Kommission ergänzt. Hierfür wollen sie auch entsprechende Use Cases für die Verwendung von künstlicher Intelligenz im Versicherungsumfeld entwickeln.  

Die EIOPA hat die aktuellen Entwicklungen und bereits bestehenden Mega-Trends aufgegriffen und als Basis ihrer Strategie sowie ihrem Arbeitsprogramm berücksichtigt. Die kommenden Monate werden zeigen, wie sie ihre Ziele umsetzen werden.  

Am 26. September 2022 hat die BaFin eine Überarbeitung des MaRisk-Rundschreibens für Banken in die bis zum 28. Oktober 2022 laufende Konsultation gegeben.

Die wesentlichen Neuerungen des Rundschreibens finden sich insbesondere in den folgenden Themen:

  • Aufnahme der EBA-Leitlinien für die Kreditvergabe und Überwachung (EBA/GL/2020/06) bzw. die Überführung der dortigen Anforderungen in die deutsche Aufsichtspraxis
  • Präzisierungen im Zusammenhang mit Immobiliengeschäften.
  • Umfassende Integration der ESG-Thematik

Immobiliengeschäfte werden hinsichtlich der Regelungen und Anforderungen nun auf einen ähnlichen Rang gehoben wie Kredit-, Handels- und Derivategeschäfte, um der gestiegenen Bedeutung dieser Geschäfte und der daraus resultierenden Risiken Rechnung zu tragen.

Des Weiteren werden ESG-Risiken bzw. deren Auswirkungen umfangreich in das Risikomanagement integriert. Dies betrifft den gesamten Risikomanagementkreislauf und umfasst somit Geschäfts- und Risikostrategie, Risikoinventur, Risikotragfähigkeit, Interne Kontrollsysteme, Risikosteuerung, Risikocontrolling sowie Risikofrüherkennung. Als besondere Herausforderung fällt dabei ins Auge, dass die Berücksichtigung von ESG, soweit sinnvoll und möglich, auch immer quantitativ und somit zahlenbasiert erfolgen soll und dass hinsichtlich der verwendeten Daten ein reines Abstellen auf die vorhandene Datenhistorie als nicht ausreichend deklariert wird.

Insgesamt werden mit dem Entwurf zwar „nur“ die oben genannten Punkte in die Aufsichtspraxis überführt, im Detail wird die Umsetzung aber durchaus prozessual, datentechnisch und auch methodisch eine erhebliche Herausforderung für die Unternehmen darstellen.

Nach größeren Naturereignissen kommt regelmäßig eine Diskussion über die Einführung einer Pflichtversicherung für Elementarschadenereignisse auf. So auch nach dem Sturm „Bernd“ im Jahr 2021.

Eine solche Diskussion ist nachvollziehbar vor dem Hintergrund, dass es umfangreiche Staatshilfen aus Steuergeldern gibt, während laut GDV nur 46 % der Gebäude in Deutschland gegen Elementarschadenereignisse versichert sind. Die Deutsche Aktuarvereinigung (DAV) hat aus diesem Grunde in einem Positionspapier die Vor- und Nachteile einer solchen Pflichtversicherung aus versicherungsmathematischer Sicht gegenübergestellt und konstatiert, dass es kein klares Für und Wider für eine solche Pflichtversicherung gibt.

Sie führt vielmehr aus, dass der beabsichtigte positive Effekt auch untrennbar mit folgenden sich unmittelbar ergebenden Nachteilen verbunden ist:

  • fehlende Anreize für Prävention und klimaangepasste Planung
  • Bezahlbarkeit des individuellen Versicherungsschutzes
  • erhöhter Kapitalbedarf der Versicherungswirtschaft
  • Grenzen der Versicherbarkeit bei Extremereignissen

Darüber hinaus besteht bei einer Elementarschadenversicherung im Gegensatz zur Kraftfahrthaftpflichtversicherung (ebenfalls als Pflichtversicherung ausgestaltet) ein erhöhtes Kumulschadenrisiko.

Insgesamt kommt die DAV zum Schluss, dass eine Pflichtversicherung lediglich eine Komponente der Gesamtlösung sein kann, die von Anreizen zur Risikoprävention sowie privaten und staatlichen Präventionsmaßnahmen flankiert werden muss.

Oktober 2022

Solvency II umfasst umfangreiche Berichtspflichten der Versicherungsunternehmen (VU) an die Aufsichtsbehörde BaFin. Das quartalsweise Berichtswesen ist ein Beispiel. Eine Erleichterung bietet
§ 45 VAG in Form einer möglichen teilweisen Befreiung. Ob die rechtlichen Voraussetzungen für eine teilweise Befreiung vorliegen, ist von der BaFin jährlich zu überprüfen. Hierbei ist diese um ein möglichst konstantes und konsistentes Entscheidungsverhalten hinsichtlich der teilweisen Befreiung von Berichtspflichten bemüht. So dürfen sich Versicherungsunternehmen bis auf Weiteres freuen: Die BaFin dehnt die in 2018/2019 ausgesprochenen und in 2020/2021 bereits verlängerten Befreiungen von Teilen des unterjährigen Berichtswesens über 2023 hinaus weiter aus.

Die teilweisen Befreiungen hätten sich bewährt und seien mit der anhaltenden Überprüfung von Solvency-II-Anforderungen zu rechtfertigen. Jedoch werden die Versicherungsunternehmen nicht einzeln über die Verlängerung informiert. Lediglich ein Widerruf der Befreiung oder eine erstmalig teilweise Befreiung im Berichtsjahr 2023 wird einzeln angezeigt.

Die meisten Versicherungsunternehmen in Deutschland sind sehr stark auf den deutschen Markt ausgerichtet, sodass sich der Krieg in der Ukraine nur indirekt auf sie auswirkt. Größere international ausgerichtete Versicherungsgruppen sind stärker betroffen. Dennoch sind die Auswirkungen aktuell noch überschaubar, da die wenigsten Versicherer direkt in der Ukraine oder im von Sanktionen belegten Russland tätig sind.

Weitaus größere Auswirkungen sind infolge der steigenden Energiepreise und schwachen wirtschaftlichen Entwicklung und Perspektiven zu erwarten, was unter anderem zu mehr Zurückhaltung beim Abschluss neuer Produkte oder der Verlängerung bestehender Policen führt.

Darüber hinaus spüren Versicherer die Folgen des Krieges an verschiedenen Stellen des Finanzmarktes: Fallende Aktienkurse und geringere Dividenden am Kapitalmarkt sowie steigende Zinsen zur Eindämmung der Inflation. Das erhöhe Zinsniveau hat dabei einerseits positive Auswirkungen auf die Verzinsung neuer Fixed Income Titel in der Kapitalanlage, andererseits wirken sich fallende Anleihekurse negativ auf den momentanen Marktwert und ggf. stille Reserven aus.

Auswirkungen der derzeitigen geopolitischen Situation sind aber auch auf Produktebene zu erwarten:

  1. Cyberversicherung:
    • Hier ist davon auszugehen, dass es in Zukunft tendenziell mehr Cyberangriffe geben wird, mit denen dann auch höhere oder häufigere Schäden einhergehen.
  2. Schiffs- und Luftfahrtversicherung:
    • In diesen Sparten steigt das Risiko. Es gibt allerdings oftmals die Möglichkeit der Prämienanpassung oder der Kündigung der Deckung im Kriegsfall.

Insgesamt erscheinen die Auswirkungen speziell auf Versicherungsunternehmen handhabbar. Von der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung sind diese aber keineswegs unabhängig.

Die drei europäischen Aufsichtsbehörden (EBA, EIOPA und ESMA – ESAs) stellen in ihrem am 12. September 2022 veröffentlichten Risikobericht (Joint Comittee Report on risks and vulnerabilities in the EU financial system) dar, dass sich die Anfälligkeit des gesamten Finanzsektors erhöht hat.

Als Grund verweisen die Aufsichtsbehörden insbesondere auf die verminderten Wirtschaftsaussichten, die hohe Inflation und die steigenden Energiepreise.

Als Reaktion darauf raten die ESAs den nationalen Aufsichtsbehörden, Finanzinstituten und Marktteilnehmern, sich auf die daraus resultierenden Herausforderungen vorzubereiten.

Vor diesem Hintergrund empfehlen die Aufsichtsbehörden insbesondere folgende vier Maßnahmen:

  • Weitere Vorbereitung auf eine Minderung der Asset-Qualität im Finanzsektor
  • Genaue Beobachtung der Auswirkungen weiterer Leitzinserhöhungen auf Finanzinstitute und Marktteilnehmer sowie des Potenzials eines plötzlichen Anstiegs der Risikoprämien
  • Beachten und Überwachen der Auswirkungen von Inflationsrisiken
  • Sorgfältige Betrachtung von umweltbezogenen Risiken und Cyberrisiken

Entsprechend gilt es für den Bereich Risikomanagement der Finanzinstitute sowie die betroffenen Fachbereiche sich mit diesen Themen bewusst und rechtzeitig auseinanderzusetzen, entsprechende Schlussfolgerungen zu treffen und bei Bedarf entsprechende Maßnahmen einzuleiten bzw. umzusetzen.

Der Ukrainekrieg und die damit einhergehende gravierende Verteuerung von Energieträgern, wie Gas und Strom, birgt derzeit erhebliche Risiken für Energieversorger und weitere Unternehmen entlang der Lieferkette vom fossilen Rohstoff zum Endverbraucher.

Zum einen erhöht sich mit den stark steigenden Energiepreisen das Risiko, dass vermehrt Kunden (sowohl Privatkunden als auch Unternehmen) zahlungsunfähig werden, damit ihre Energierechnungen nicht mehr bezahlen können und Energieversorger somit Zahlungsausfälle verkraften müssen.

Zum anderen besteht für Energieversorger ein erhebliches Marktrisiko. In der Regel nutzen diese Unternehmen langfristige Lieferverträge, um ausreichend Gas und Strom einkaufen zu können. Kurzfristige Schwankungen müssen dann am Spotmarkt ausgeglichen werden, indem etwa zu den aktuellen Gaspreisen fehlendes Gas nachgekauft wird. In der aktuellen Marktsituation liegen die Marktpreise, die langfristig gesicherten Lieferpreise und die den Kunden garantierten Abnahmepreise aber so weit auseinander, dass dies ein ernstes finanzielles Problem für viele Unternehmen darstellt. Die gestiegenen Marktpreise dürfen nämlich nicht unmittelbar an die Kunden weitergereicht werden.

Aus dieser problematischen Gemengelage heraus, in der einerseits manche Versorger zu hohe Marktrisiken eingegangen sind, andererseits aber auch politische Umstände und kriegerische Aktivitäten die Situation verursacht haben, ist der Gesetzgeber derzeit um das Aufspannen von Rettungsschirmen und teilweise sogar um die Verstaatlichung von Unternehmen bemüht.

Hier bleibt abzuwarten, welche Risiken sich in welchem Ausmaß manifestieren und mit welchen weiteren Maßnahmen darauf reagiert werden wird.

Die Bedeutung des Themas Nachhaltigkeit nimmt seit geraumer Zeit stetig zu. Sei es aufgrund der wachsenden Regulatorik, den sich wandelnden Kund:innenanforderungen oder der gesellschaftlichen Erwartungshaltung, dass Unternehmen ihre Rolle als Mitglied der Gesellschaft in Form der Corporate Responsibility wahrnehmen.  

In den letzten Monaten haben ESG-Themen auch hier im „Risikomanagement und Aktuariat“ Blog immer mehr Raum eingenommen, sodass wir uns dazu entschieden haben, diesem Thema zukünftig einen eigenen Blog zu widmen. Ab September 2022 finden Sie alle Beiträge zum Thema ESG in unserem neuen ESG-Blog. Dort werden neben Nachhaltigkeitsthemen, die das Risikomanagement und Aktuariat betreffen, ebenfalls Beiträge zu aktuellen Trends und Entwicklungen in den regulatorischen Anforderungen erläutert und kommentiert. 

In unserer ersten Ausgabe des ESG-Blogs heißen wir Sie zunächst herzlich willkommen und werfen dabei einen Blick auf die 7. Novelle der MaRisk sowie auf die zukünftig zu erwartenden Meilensteine der ESG-Regulatorik. 

Wir freuen uns, Ihnen in Zukunft neben dem „Regulatorik und Compliance“ und dem „Risikomanagement und Aktuariat“ Blog noch mehr Beiträge zum Thema ESG zu präsentieren. 

 

September 2022

Die klassische Gebäudeversicherung, sowohl für Privat als auch für Gewerbe, unterliegt derzeit vielen neuen Entwicklungen und Trends. Getrieben sind diese vor allem durch aktualisierte gesetzliche Rahmenbedingungen und durch veränderte Bedürfnisse des Marktes.

Einen wichtigen Aspekt stellt das Thema Nachhaltigkeit dar. Die Mitversicherung von Zisternen, Geothermie- und Solarthermieanlagen sowie die Übernahme der Zusatzkosten für eine Sanierung mit nachhaltigen Materialien und für energieeffiziente Lösungen gehören inzwischen standardisiert zur (Gebäude-)Versicherungsleistung. Im Wohngebäudebereich ist die Versicherung von fest verankerten Wallboxen mittlerweile marktüblich.

Auch Elementargefahren wie z. B. Überschwemmungen oder Erdrutsche stehen nicht erst seit der Hochwasserkatastrophe im Ahrtal im Sommer 2021 im Fokus der Versicherer.

Im Bereich der Feuerrohbauversicherung, die normalerweise für eine gewisse Dauer (i.d.R. 12 Monate) Beitragsfreiheit gewährt, denken viele Versicherer über eine Verlängerung auf bis zu 36 Monate nach. Als Ursache ist dies vorrangig durch die aktuelle Rohstoffknappheit und den damit verbundenen längeren Bauzeiten zu erklären.

Preislich wird in den kommenden Jahren insgesamt mit einer Erhöhung zu rechnen sein. Massive Elementarschäden in jüngster Vergangenheit, gestiegene Handwerkerpreise und die Knappheit von Baumaterial könnten die Kosten der Prämien weiter beeinflussen.

Investitionen in Atomkraft können seit dem Beschluss der EU-Kommission als ESG-Parameter gelten (siehe auch „Atomkraft und Erdgas laut Entscheidung des EU-Parlaments nachhaltig“) und Finanzprodukte, bei denen die Beiträge in Atomkraft fließen, als Artikel-8- oder Artikel-9-Produkte vermarktet werden. Die Entscheidung der EU ist jedoch auf großen Widerstand in der Gesellschaft gestoßen, wo das Thema sehr ausgiebig und teilweise polarisierend debattiert wurde. Aber auch auf politischer Ebene gab es Widerstand. So wird Österreich gegen die EU-Entscheidung aller Voraussicht nach Klage einreichen.

Auch Dr. Herbert Schneidemann, Vorsitzender der Deutschen Aktuare, kommentiert in einem Interview mit der Bundesnetzagentur den aktuellen Sachverhalt. Laut Schneidemann werden deutsche Versicherer vermutlich davon absehen, in Atomkraft zu investieren und diese Technologie als nachhaltig zu bewerben. Dafür sei die gesellschaftliche Haltung Atomkraft insbesondere in Deutschland derzeit zu kritisch und das Risiko für Reputationsverlust somit zu hoch. Mit 1,8 Billionen Euro Kapitalanlagebestand sieht Schneidemann sehr großes Potenzial in der deutschen Versicherungsbranche, die Nachhaltigkeitstransformation der europäischen Wirtschaft voranzutreiben. Neben Investitionen in „grüne“ Energien wie Windkraft, Wasserkraft und Photovoltaik, können Investoren auch aktiv mitwirken, Industrien übergreifend mit auf Nachhaltigkeit ausgerichteten Investitionen „grüner“ zu machen. Eine schrittweise Transformation des Kapitalanlagevermögens und die Integration von konventioneller Industrien ist somit ein wichtiger Faktor.

Das BAFA hat als zuständiges Bundesamt für die Umsetzung und Einhaltung der Vorschriften des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) am 17.08.2022 die erste Handreichung zu diesem veröffentlicht und soll betroffene Unternehmen bei der Umsetzung ihrer Sorgfaltspflichten unterstützen. Die erste Handreichung beschäftigt sich mit der Risikoanalyse nach § 5 LkSG.

Die Handreichung fasst auf etwa 20 Seiten die Anforderungen des LkSG zusammen und zeigt Umsetzungsmöglichkeiten für die Praxis auf. Wesentliche Inhalte sind unter anderem:

  • der Hinweis auf den Unterschied zwischen regelmäßigen und anlassbezogenen Risikoanalysen. Die regelmäßige Risikoanalyse muss einmal jährlich durchgeführt werden; die anlassbezogene Risikoanalyse fällt an, wenn substantiierte Kenntnisse oder Veränderungen in der Geschäftstätigkeit anfallen.
  • die Betonung auf den Perspektivwechsel der Risikoanalyse. Während klassische Risikoanalysen den geschäftlichen Erfolg eines Unternehmens betrachten, fokussiert sich die Risikoanalyse nach dem LkSG auf menschenrechtliche und umweltbezogene Risiken entlang der gesamten Liefer- und Dienstleistungskette.
  • die Umsetzungshinweise zur Risikoanalyse. Dreh- und Angelpunkt für eine gesetzeskonforme Umsetzung ist die Transparenz entlang der gesamten Lieferkette sowie im eigenen Geschäftsbetrieb. Um diese zu wahren, müssen Unternehmen Informationen zur Organisations- und Beschaffungsstruktur sowie zu den Lieferketten und Geschäftsbeziehungen zusammenstellen. Das BAFA weist dabei mehrmals auch auf die Bedeutung der Untersuchung und Analyse des eigenen Geschäftsbereichs im Rahmen der Risikoanalyse hin.

Fazit

Die Risikoanalyse nach § 5 LkSG ist das Kernstück des Gesetzes. Mit ihr sollen menschenrechtliche und umweltbezogene Risiken frühzeitig erkannt und gewichtet werden, sodass diesen durch Präventions- und Abhilfemaßnahmen entgegengetreten werden kann. Zugleich stellt sie sich in der Praxis auch als größte Herausforderung für die Unternehmen dar. Mit der ersten Handreichung räumt das BAFA den betroffenen Unternehmen einen gewissen Spielraum bei der Maßnahmenentwicklung und -umsetzung ein. Das BAFA plant weitere Handreichungen und hat bereits verkündet, dass sich Handreichungen zu den Themen „Angemessenheit zu Maßnahmen der Unternehmen im Sinne des LkSG“ und „Beschwerdeverfahren“ in Vorbereitung befinden.

Bei der Erreichung der Pariser Klimaziele steht auch zunehmend die Finanzbranche in der Verantwortung. Schließlich zeichnet diese maßgeblich dafür verantwortlich, wie viel Kapital in Industrien, Unternehmen und Projekten investiert wird. Aus diesem Grund sind die Finanzunternehmen bereits dabei, den Klimazielen entsprechend zu handeln und ihre Investitionen sukzessiv nachhaltiger auszurichten. Ein wichtiger Schritt besteht darin, die Klimarisiken der Portfolios sowie die Treibhausgas (THG)-Emissionen bzw. Klimaauswirkungen, die mit ihren Krediten und Investitionen verbunden sind, zu ermitteln.

Als Reaktion auf die Nachfrage der Finanzbranche nach einem globalen, standardisierten Ansatz für die Treibhausgasbilanzierung und -berichterstattung entwickelte die Partnership for Carbon Accounting Financials (PCAF) den Global GHG Accounting and Reporting Standard for the Financial Industry. Dieser Standard bietet Finanzinstituten einen Berechnungsansatz zur Ermittlung der Treibhausgasemissionen und -intensität in verschiedenen Asset Klassen. Folgende Asset Klassen werden darin betrachtet:

  • Börsennotierte Aktien und Unternehmensanleihen
  • Geschäftskredite und nicht börsennotiertes Eigenkapital
  • Projektfinanzierungen
  • Gewerbeimmobilien
  • Hypotheken
  • Kraftfahrzeugdarlehen

Durch die Aufdeckung der Emissionen können Finanzunternehmen Risiken besser erkennen und managen. Außerdem lassen sich Reduktionsziele so gezielt steuern sowie Maßnahmen zur Verringerung der Klimaauswirkungen des Portfolios ergreifen. Die Anwendung des Standards stattet Finanzinstitute mit standardisierten, robusten Methoden zur Messung finanzierter Emissionen aus und ermöglicht ihnen:

  • Klimabezogene Risiken in Übereinstimmung mit der Task Force on Climate-related Financial Disclosures (TCFD) zu bewerten
  • Wissenschaftlich fundierte Ziele im Zusammenhang mit den Science Based Targets (SBTs) zu setzen
  • Relevante Informationen an Organisationen wie das Carbon Disclosure Project (CDP) zu berichten
  • Klimastrategien und -maßnahmen hinsichtlich neuer Produkte zu kommunizieren, welche den Übergang zu einer emissionsfreien Wirtschaft unterstützen.

Weitere Informationen und Einzelheiten zum Standard finden Sie auf der Website des PCAF: The Global GHG Accounting and Reporting Standard for the Financial Industry

August 2022

Die EbAV-II-Richtlinie 2016/2341 hatte durch Artikel 28 den Paragrafen §234d VAG zur Folge. In diesem wird eine verpflichtende eigene Risikobeurteilung (ERB) mindestens alle drei Jahre für das gesamte Risikoprofil gefordert. Das von der BaFin ausgegebene Rundschreiben 09/2020 dient den Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung (EbAV) bei der Umsetzung dieser ERB. Da einige der an die BaFin geschickten ERB-Berichte allerdings Mängel aufweisen, hat diese nun weitere Hinweise zur ERB veröffentlicht.

Ein Großteil der Pensionskassen und Pensionsfonds sowie weitere Einrichtungen, die unter die EbAV-II-Richtlinie fallen, hat mittlerweile ihren ersten ERB-Bericht verfasst und der BaFin zur Verfügung gestellt. Laut BaFin-Rundschreiben sollte sich der Bericht – so weit wie möglich – an der in § 234d Abs. 2 Satz 1 VAG aufgeführten Struktur orientieren. Zumindest sollten alle Aspekte dieses Paragrafen gesondert im Bericht ausgeführt werden. Hierbei hat die BaFin jedoch Verbesserungspotential festgestellt. Insbesondere wurde moniert, dass bei nicht zutreffenden Aspekten eine Argumentation im Bericht fehle, weshalb diese für die jeweilige Einrichtung nicht von Relevanz seien. Im Gegensatz dazu sind bei erfüllten Anforderungen schlüssige und ausreichend detaillierte Begründungen zu liefern und diese etwa anhand der verwendeten Methode zu belegen.

Inhaltlich bemängelte die BaFin neben weiteren Punkten u. a. das fehlende Eingehen auf die Datenqualität. Dies wird zwar im Rundschreiben in Artikel 30 gefordert, ist allerdings in der Rechtsgrundlage (s. o.) nicht explizit erwähnt. Aus diesem Grund mahnt die BaFin, das Rundschreiben gründlich zu lesen und die Mindestvorgaben zu beachten.

Bis Oktober dieses Jahres müssen alle noch fehlenden ERB-Berichte bei der BaFin eingegangen sein. In der Folge könnten weitere Hinweise veröffentlicht werden.

Anfang Juli 2022 hat das EU-Parlament für eine Einstufung von Atomkraft und Erdgas als nachhaltig entsprechend der EU-Taxonomie gestimmt. Die EU-Taxonomie ist ein Klassifikationssystem, das Regeln für nachhaltige Investitionen aufstellt und somit als essenzielles Werkzeug im Kampf gegen den Klimawandel dienen soll. Zudem können solche Investments von Subventionierungen über den European Green Deal profitieren.

Mit dieser Entscheidung erhofft sich das EU-Parlament eine Sicherstellung der Energieversorgung, da hierdurch nun notwendige und dringende Investitionen in Gas- und Atomkraftwerke zur Instandhaltung und Neubau von der EU gefördert werden können. Mit dieser Entscheidung geht das EU-Parlament zudem auf die unterschiedlichen nationalen Versorgungsstrukturen ein. In Frankreich ist Atomkraft eindeutig die vorherrschende Elektrizitätsquelle, in Deutschland und weiteren EU-Mitgliedsstaaten dient Erdgas als primäre Energiequelle zum Heizen.

Dieser Beschluss hat in der Gesellschaft und in der Wissenschaft für viel Aufsehen gesorgt, denn die gasbasierte Strom- und Wärmeerzeugung verursacht erhebliche CO2-Emissionen und die schwer zu entsorgenden Brennstäbe und Reaktorabfälle ziehen große Umweltrisiken nach sich. Beide Fakten stehen im Widerspruch zum Green Deal der EU und dem ursprünglichen Gedanken der EU-Taxonomie.

Für institutionelle Anleger wie Banken und Versicherer ist die Entscheidung zweischneidig. Einerseits können sie nun laut EU-Taxonomie in nicht-regenerative Technologien investieren und diese Investitionen als nachhaltig ausweisen. Auf der anderen Seite stehen jedoch die Forderung und der Druck der Kund:innen und der Gesellschaft nach tatsächlich nachhaltigem Handeln.

Für Versicherer und Banken gilt es daher sich mit diesem Spannungsfeld auseinanderzusetzen und eine bewusste Entscheidung zu treffen, wie sie sich mit Blick auf die potenziellen Auswirkungen auf ihre Kapitalanlagen und Reputation verhalten.

Dabei sollten die Unternehmen berücksichtigen, dass – laut Pressemitteilung vom 06.07.2022 – Atomkraft und Erdgas als transitorische Unternehmensaktivtäten eingestuft sind und die Investments daher in absehbarer Zeit ihre Nachhaltigkeitsklassifizierung wieder verlieren könnten.

Klimarisiken lassen sich in physische und transitorische Risiken unterteilen. Während physische Risiken, wie z. B. Überschwemmungen oder Hitzeperioden, in der Regel anschaulich und grundsätzlich gut verständlich sind, sind transitorische Risiken eher schwerer greifbar. Bei transitorischen Risiken handelt es sich um Risiken, die sich durch den Übergang in eine nachhaltige(re) Wirtschaft ergeben und z. B. mit dem Aufkommen neuartiger Technologien oder politisch-motivierter Veränderungen der rechtlichen Rahmenbedingungen einhergehen.

Dies kann die Zukunftsfähigkeit bestimmter Geschäftsmodelle bedrohen, während es den Durchbruch neuer, z. B. technologiebasierter Geschäftsmodelle erst ermöglicht. In beiden Fällen hat dies unmittelbare Auswirkungen auf den Marktwert der jeweiligen Unternehmen.

Neben technologischen Neuerungen, die z. B. die Geschäftsmodelle von Unternehmen wie Google oder Facebook erst ermöglicht haben, können die Gesellschaft und ihre politischen Entscheidungsträger bestimmte Rahmenbedingungen bewusst beeinflussen. So liegt es beispielsweise in ihrer Hand, ob und ggf. wie lange Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor hergestellt, vertrieben und betrieben werden dürfen. Entsprechend steht die Exponierung von Unternehmen gegenüber solchen technologischen und/oder politisch-motivierten Entwicklungen in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Marktpreisrisiko, dem Kapitalmarktteilnehmer ausgesetzt sind.

Die Theorie effizienter Märkte geht davon aus, dass die zur Verfügung stehenden Informationen in den Marktpreisen reflektiert sind. Ändern sich die Informationen z. B. durch neue oder schneller als erwartet in Kraft tretende Gesetze, so wirkt sich dies entsprechend direkt auf die Marktwerte der handelnden Unternehmen aus. Dies kann sich an der Börse in Kurssprüngen oder Kursstürzen niederschlagen.

Ein gutes Beispiel hierfür ist das Ende Mai/Anfang Juni in Aussicht gestellte Verbot von Verbrennungsmotoren in der EU (Ende Juni gab es hierzu einen weniger einschneidenden Kompromiss). Während sich die Tesla-Aktie im Juni seitwärts bewegte, sind die Aktienkurse anderer Automobilhersteller, wie z. B. BMW und Mercedes-Benz, gesunken.

Für Unternehmen ist es daher zwingend erforderlich, sich bewusst und gezielt mit den transitorischen Risiken auseinanderzusetzen, die das eigene Geschäftsmodell bedrohen oder begünstigen. Davon betroffen ist allerdings nicht nur das eigene, sondern auch alle Geschäftsmodelle derjenigen Unternehmen, in die man am Kapitalmarkt investiert. Ein Blick über den eigenen Tellerrand ist somit unerlässlich.

Im Herbst 2021 legte die EU-Kommission den lang erwarteten Vorschlag für die Überarbeitung des seit 2016 gültigen Aufsichtsregimes Solvency II vor. Dabei geht es darum, die Stabilität der Branche zu gewährleisten sowie Ressourcen für Innovationen und Wachstum zu schaffen. Die Europäische Kommission sieht Änderungsbedarf in den folgenden Punkten:

  • Umgang mit Risiken aus dem Niedrigzinsumfeld und dem Klimawandel
  • Verhältnismäßigkeit der Regulierung (insbesondere für Unternehmen mit geringerer Risikoexposition)
  • Bewältigung von Systemrisiken

Hintergrund der Überarbeitung des Regelwerks Solvency II ist, dass der Gesetzgeber eine Überprüfung von Bestandteilen vorgesehen hat, die bereits bei dessen Entwicklung kontrovers diskutiert wurden. Dazu gehörte beispielsweise die regulatorische Behandlung von Versicherungsprodukten mit langfristigen Garantien. Ein weiterer Grund besteht darin, dass die Wirksamkeit fünf Jahre nach Einführung überprüft werden kann und die Regulierung an wirtschaftliche Entwicklungen anzupassen ist.

Laut Zeitplan wird im November dieses Jahres eine Abstimmung im Europaparlament durchgeführt. Anschließend wird im ersten Quartal ein Trilog zwischen Europaparlament, EU-Kommission und Rat erwartet. Mit einer Anwendung der diskutierten Änderungen der Versicherungsregulierung ist nicht vor dem Jahr 2024 zu rechnen.

Juli 2022

Ende Mai 2022 stellte die BaFin den Verordnungsentwurf zur Änderung der Kapitalanlage-Verhaltens- und -Organisationsverordnung zur Konsultation.

Im August 2021 trat die Delegierte Richtlinie (EU) 2021/1270 der Kommission vom 21. April 2021 zur Änderung der Richtlinie 2010/43/EU in Bezug auf die von Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) zu berücksichtigenden Nachhaltigkeitsrisiken und -faktoren in Kraft. Kapitalverwaltungsgesellschaften werden durch diese Richtlinie verpflichtet, Nachhaltigkeitsrisiken kontinuierlich zu bewerten, wenn diese bedeutende negative Auswirkungen auf den Wert ihrer Kapitalanlagen haben können. Die umsetzungsbezogenen Nachhaltigkeitsziele orientieren sich an der europäischen Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR)1. Da die aktuelle Richtlinie zur Umsetzung der Richtlinie 2010/43/EU nicht explizit auf die Integration von Nachhaltigkeitsrisiken in Geschäftsorganisation und Risikomanagement hinweist, wird diese in der Hinsicht geändert, dass in den Prozessen und internen Kontrollen von Kapitalverwaltungsgesellschaften Nachhaltigkeitsrisiken jetzt Berücksichtigung finden. Hierzu gehört auch die Schaffung technischer Ressourcen und Aneignung von Fachwissen zur Umsetzung der Anforderungen.

Von den Änderungen ausgeschlossen sind Teile der KAVerOV, welche auf die europäische Verordnung Nr. 231/2013 (AIFM-Level-2-VO) verweisen.

Stellungnahmen konnten bis zum 8. Juni 2022 bei der BaFin eingereicht werden. Über die Ergebnisse der Konsultation wird hier an gleicher Stelle nach Veröffentlichung berichtet.

Sturmtief „Bernd“ und andere Unwetter verursachten vergangenes Jahr Schäden von knapp

13 Milliarden Euro und forderten zahlreiche Todesopfer. Dies befeuert die andauernde Diskussion über eine Pflichtversicherung gegen Elementarschäden. Der Bund der Versicherten (BdV) wirft der Politik aktuell vor, durch umfangreiche Hilfsgelder falsche Anreize zu schaffen. So führe die Deckung durch den Staat zu weniger Eigeninitiative bei Schutz- und Präventionsmaßnahmen in Form von Versicherungen oder Frühwarnsystemen. Ein Ausweg aus diesem Samariterdilemma sei die gesamtheitliche Pflichtversicherung mit Pool-Lösung. Hierbei ist der obligatorische Versicherungsschutz gegen Elementarschäden durch eine Erhöhung der Grundsteuer finanziert. Ein Nachweis privater Versicherung befreit die Hauseigentümer:innen von dieser Abgabe.

Auch der Gesamtverband der Deutschen Versicherer (GDV) hält eine ganzheitliche Erweiterung des Versicherungsschutzes gegen Elementarschäden für unumgänglich. Er hält jedoch die Pflichtversicherung für zu strikt und sieht ein hohes Klagerisiko. Der GDV spricht sich für eine Ausschöpfung bereits existierender Mittel aus. Ein Überleitungsgesetz soll dabei folgende Regelung ermöglichen: So ist dem Neubestand stets vollumfängliche Gebäudeversicherung inkl. Elementarschadendeckung anzubieten. Dem Altbestand werde entsprechend dem rechtlichen Rahmen Deckung bei Elementarschaden vertraglich hinzugefügt. Hauseigentümer:innen besitzen eine Opt-Out-Option: Sie können auf die Deckung gegen Elementarschäden verzichten, verlieren jedoch im Schadenfall sämtliche Hilfsansprüche. Entstandene finanzielle Belastung durch neu berechnete Prämien kann durch Selbstbehaltsregelungen abgeschwächt werden. Begleitet wird die Vertragsanpassung durch ein umfangreiches Maßnahmenpaket zur Prävention. Dieses betrifft im Wesentlichen lokale Einschränkungen bis hin zu Verboten und einer erweiterten Risikoprüfung bei Neubauten. Mit diesen Maßnahmen liegt der Vorschlag des GDV am nächsten bei den Forderungen des Bundesverbandes der Verbraucherzentrale (vzbv).

Bei der diesjährigen Frühjahrskonferenz der Justizminister in Bayern wurde die Einführung der Pflichtversicherung gegen Elementarschäden geprüft. Dabei blieben die Vorschläge von GDV und vzbv allerdings außen vor. Die Ausgestaltung liege bei den Gesetzgebern mit besonderem Hauptaugenmerk auf die Ausgestaltung der Entlastung höchst exponierter Risiken. Die dabei entstehenden Kosten seien geringstmöglich auf Dritte umzulegen. Verfassungsrechtlich sei die Pflichtversicherung nicht unmöglich, sofern gewisse Grenzen in Bezug auf den Selbstbehalt eingehalten würden. Das Gutachten der Justizminister wird nun bei der Ministerpräsidentenkonferenz vorgelegt. Reaktionen aus der Versicherungswirtschaft verweisen auf den Vorschlag des GDV. Der verfassungsrechtliche Rahmen sei zur Ausgestaltung der Versicherungspflicht zu eng und betreffe lediglich höchst exponierte Risiken und Neubauten. Dies widerspreche dem Ziel der allgemeinen Verbreitung von Elementarschadendeckungen.

Risikomanager:innen sollten diejenigen in ihren Unternehmen sein, die einen umfassenden Überblick über alle Elemente, Abteilungen und Entscheidungen besitzen. Sie sollten sich sowohl mit der Frage, wie Risiken in den kleinsten Prozessen erfasst und minimiert werden können, beschäftigen als auch mit weitreichenden strategischen Entscheidungen zur Erreichung des Unternehmenserfolgs.

Wie die konkrete Ausgestaltung der Arbeit aussieht, unterscheidet sich allerdings grundlegend: Risikoerfasser verwalten lediglich einen Bestand an Risiken und aktualisieren Jahr für Jahr der Formalität halber das Risikoregister. Natürlich kann man behaupten, dass bspw. die Unternehmensführung in solchen Fällen implizit die Risiken von Entscheidungen betrachtet. Es lässt sich jedoch beobachten, dass die interdisziplinäre Funktion der Risikomanager:innen hier zusätzlichen Mehrwert bieten kann. Es ist dabei darauf zu achten, dass sich diese als wertvoller Teil des Unternehmens verstehen und nicht nur eine mahnende Rolle innehaben. Die Identifikation eines Risikos hat nicht automatisch zur Folge, eine Unternehmung im Kern zu ersticken. Vielmehr geht es um Risikobewusstsein und -mitigation.

Was also unterscheidet Unternehmen, die Risikomanagement als Teil der Unternehmensstrategie verstehen von denen, die Risikomanager:innen nicht als „Manager“ verstehen? Vor allem eines: die Kultur. Risikokultur heißt nicht, sich auf die Fragen „Was könnte schief gehen?“ oder „Wie können wir Auswirkungen vermeiden?“ zu fokussieren. Es bedeutet vor allem, ein Bewusstsein für Folgen aus verschiedenen Blickwinkeln zu entwickeln. Eine derartige Betrachtung schafft Raum für einen Fokus, der sich auf den Fortbestand des Unternehmens und die Weiterentwicklung der Unternehmensstrategie richtet.

Die regulatorischen Anforderungen und deren Umsetzung hinsichtlich Nachhaltigkeitsrisiken beschäftigen die Versicherungsbranche. Aus diesem Grund haben die Versicherungsforen Leipzig zum Thema Nachhaltigkeit erstmalig unter dem Motto „Sustainable Insurance Convention“ (kurz SIC) Vertreter der Branche zusammengebracht, um die Marktchancen und Herausforderungen, mit Blick auf die Nachhaltigkeitsproblematik zu erörtern. Nachhaltigkeit beeinflusst die gesamte Wertschöpfungskette von (Rück-)Versicherungen, daher zielte die SIC darauf ab, das Thema ganzheitlich abzubilden. 

Bei der 2-tägigen Veranstaltung hatten die Teilnehmer, welche sich aus Versicherern, Dienstleistern und nachhaltigen Start-Ups zusammensetzten, die Möglichkeit, sich in vielfältigen Formaten – wie etwa wissenschaftlichen Keynotes, Fachvorträgen, Workshops und auch beim Business-Networking – mit dem Thema Nachhaltigkeit aus verschiedenen Blickwinkeln zu befassen und auszutauschen. Die inhaltlichen Schwerpunkte der Veranstaltung lagen im Bereich Strategie, Umsetzung der regulatorischen Anforderungen, nachhaltiges Produkt- und Schadenmanagement, Kapitalanlage, Risikomanagement sowie Vertrieb und Kommunikation. 

Die Convention hat gezeigt, dass das Thema aktuell klar im Fokus der Versicherer steht, welche sich ihrer wichtigen Rolle innerhalb der Gesellschaft und Wirtschaft sehr bewusst sind. Auch wenn die Reise hin zu einer nachhaltigen Versicherungswirtschaft sicherlich noch nicht abgeschlossen ist, hat die Veranstaltung definitiv gezeigt, dass die Branche bereits viel angestoßen hat und sich in eine klar nachhaltige Richtung entwickelt. 

Ein kurzes Interview von der SIC mit Jan-Hendrik Uhlenberg, ESG Experte bei WAVESTONE, finden Sie hier: Zum Video 

Juni 2022

Das sich verändernde regulatorische Umfeld der Nachhaltigkeitsberichterstattung wird zunehmend zu einem Thema, dem sich Unternehmen nicht entziehen können. Es befinden sich derzeit mehrere Entwürfe in der finalen Beschlussphase, welche die Anforderungen an nicht-finanzielle Berichterstattung deutlich erhöhen würden. In den Exposure Drafts des IFRS wird z. B. der Fokus stärker auf das Risikomanagement von Unternehmen gelegt, bei dem entsprechend neue Bewertungen vorgenommen werden können. Anhand jener sollen sie klarstellen, ob und wie sie von sich verändern-den äußeren Einflüssen in ihrem unternehmerischen Handeln betroffen sein werden.

Diese Aktualisierungen eröffnen sowohl auf Seite der Investoren als auch auf der der Berichterstattenden neue Chancen in Due-Diligence-Prozessen. Einerseits befähigen die zusätzlichen Risikobewertungen Investoren dazu, ein besseres Verständnis von den zukünftigen Chancen und Risiken von Anlagezielen zu erlangen. Andererseits bietet die kommende Regulatorik Unternehmen die Chance, sich als nachhaltigeres Investment oder Kooperationspartner darstellen zu können. Das bedeutet aber auch, dass es auf beiden Seiten neue Elemente in den Due-Diligence-Prozessen geben muss, die neue Inhalte effizient und korrekt darstellen sowie analysieren können. Auf Investorenseite gilt es beispielsweise neue Key Performance Indicators (KPIs) zu definieren und zu analysieren, sie in der eigenen Portfolioanalyse zu gewichten und die Investments dementsprechend anzupassen. Es braucht somit zur effizienten Berichterstattung neue interne Analyse-, Berichts-, und Kommunikationsprozesse. Zum einen, um als Unternehmen die künftig geltende Regulatorik zu befolgen, zum anderen um es Interessenten deutlich leichter zu machen, sich entsprechend darzustellen.

Wie berichtet Ihr Unternehmen ESG-Thematiken? Können sich Dritte ein klares Bild darüber machen, wie es tatsächlich um die internen ESG-KPIs steht? Würde eine zukünftige risikofokussierte Berichterstattung Ihrem Unternehmen nutzen oder schaden? Was heißt das für Sie?

Lesen Sie hier mehr über ESG als Strategie und kommen Sie bei Fragen oder Anregungen gerne auch direkt auf uns zu.

Die EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD) schreibt die Einhaltung der künftigen European Sustainability Reporting Standards (ESRS) vor. Hierfür hat die EFRAG kürzlich das erste Paket von Entwürfen zur Nachhaltigkeitsberichterstattung, die sogenannten ED European Sustainability Reporting Standards (ED ESRS), publiziert. Die insgesamt 13 Standardentwürfe erweitern oder definieren die in der CSRD anzuwendenden Kennzahlen genauer. Sie sind in die vier Kategorien Umwelt, Soziales, Governance und Cross-Cutting klassifiziert:

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Die ED ESRS verfolgen somit den ESG-Ansatz. ESG ist die Abkürzung für Environment, Social und Governance und ist ein ganzheitlicher Ansatz, der den Begriff der Nachhaltigkeit enger definiert. In der globalen Wirtschaft wird daher oftmals ESG stellvertretend zur Nachhaltigkeit verwendet. Die öffentliche Konsultationsphase dauert noch bis zum 8. August dieses Jahres an. Eine Teilnahme ist auf der Internetpräsenz der EFRAG möglich. Die Einreichung des Entwurfpakets ist im November 2022 geplant.

Die Security and Exchange Commission (SEC) veröffentlichte am 21. März 2022 ihren Vorschlag zur Verbesserung und Standardisierung von klimabezogenen Informationen für Investoren im Rahmen der ESG-bezogenen finanziellen Offenlegungsanforderungen zur Konsultation und Kommentierung bis zum 17. Juni 2022. Ziel ist die verbesserte sowie konsistente Offenlegung von klimabezogenen Informationen von Aktiengesellschaften, um (potenziellen) Investor:innen den Zugang zu Informationen über die Umweltwirkungen von Finanzanlagen und folglich die Entscheidungsfindung zu erleichtern.

Die SEC veröffentlicht Anpassungen der bestehenden Anforderungen, welche sowohl in- als auch ausländische, zur Offenlegung verpflichtete Unternehmen (Aktiengesellschaften) betrifft. Ferner fordern diese die Veröffentlichung von klimabezogenen Informationen in Registrierungserklärungen und regelmäßigen Berichterstattungen. Die vorgeschlagenen Transparenzverpflichtungen orientieren sich an allgemein anerkannten Offenlegungsrahmenwerken, wie z. B. den Anforderungen der Task Force on Climate-Related Financial Disclosures (TCFD) und dem Greenhouse Gas Protocol.

Folgende Informationen sind von den betroffenen Unternehmen in ihren Registrierungserklärungen und Jahresberichten nach dem Exchange Act in einem separaten Abschnitt zu veröffentlichen sowie im Konzernabschluss aufzuführen:

  • Klimabezogene Risiken und ihre tatsächlichen sowie wahrscheinlichen wesentlichen Auswirkungen auf das Geschäft und die Unternehmensstrategie
  • Informationen zum Umgang mit klimabezogenen Risiken und relevanter Risikomanagementprozesse sowie Maßnahmen im Rahmen der Steuerung ebendieser
  • Verursachte Treibhausgasemissionen der Scopes 1, 2 und 3 , welche abhängig von der Unternehmensgröße durch ein externes Gutachten belegt werden müssen
  • Ausgewählte klimabezogene, finanzielle Kennzahlen und zugehörige Angaben im Jahresabschlussbericht
  • Informationen zu klimabezogenen Zielen und, wenn vorhanden, Pläne zur Umsetzung. Bei vorhandenen Übergangsplänen: Informationen zu Kennzahlen, Zielen sowie Maßnahmen und Methoden zur Risikoidentifikation
  • Bepreist ein Unternehmen CO2-Emissionen sind zudem Informationen zur Bepreisung und der Festsetzung des Preises zu veröffentlichen

Sollte der Änderungsvorschlag wie vorgesehen im Dezember 2022 in Kraft treten, ist ein Übergangszeitraum abhängig vom Steuerstatus der Unternehmen vorgesehen. Die Informationen zu Scope 1 und 2 der THG-Emissionen sind bereits für die Geschäftsjahre 2023 und 2024 zu berichten, für die Veröffentlichungen der Informationen zu Scope 3 gelten andere Übergangsfristen, da die Datenerhebung und -analyse hier als sehr komplex eingeschätzt werden.

Am 28. April 2022 (Non-Life) sowie am 13. Mai 2022 (Life) organisierte die Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (EIOPA) zwei Workshops in Bezug auf die Konsultation zu den Anwendungsleitlinien für die Einbeziehung von Klimarisiken im ORSA (Own Risk Solvency Assessment), welche am 10. Dezember 2021 veröffentlicht wurde. Die EIOPA trat hierdurch in den Kontakt mit Industrie, Aufsichtsbehörden und Verbänden, um deren Feedback sammeln zu können.
Wesentliche Ziele waren die Sensibilisierung für Klimarisiken in der Versicherungsbranche sowie die erhöhte Berücksichtigung des Klimawandels als potenzieller Risikotreiber in der ORSA-Berichterstattung.

Das Vortragsteam, bestehend aus Vertretern der nationalen Behörden sowie externen Rednern (u. a. National Bank of Belgium, Dutch Central Bank), stellte die wesentlichen Inhalte und die während der bisherigen Konsultationsphase eingegangenen Kommentare zum Konsultationspapier vor. Außerdem wurden die im Konsultationspapier mehrfach erwähnten Tools „NGFS climate impact explorer“ und „PACTA (2DII)“ vorgestellt.

Das Abschlusspapier soll im Juni 2022 veröffentlicht werden. Es ist geplant, dass alle eingegangenen Kommentare aus der Konsultationsphase sowie das erhaltene Feedback aus den Workshops darin berücksichtigt werden.

Mai 2022

Waldbrände in Griechenland und Sizilien, Erdrutsche in Italien oder Überflutungen im Ahrtal – die Zahl der Naturkatastrophen sowie ihr Schadenausmaß nehmen in Europa sichtbar zu. „Noch nie mussten die deutschen Versicherer so viel für Naturkatastrophenschäden zahlen wie im vergangenen Jahr“, lauten die Schlagzeilen. Schaut man sich die dafür erforderliche Kapitalunterlegung an, welche von europäischen Versicherern gemäß Solvency II-Standardmodell gefordert ist, stellt sich die Frage: Wird die Naturkatastrophengefahr in Zeiten des Klimawandels noch richtig über die Standardformel abgebildet? Wäre eine Neukalibrierung nicht angemessen?

Genau diese Eignungsprüfung hat EIOPA u. a. als Auftrag von der europäischen Kommission im Rahmen des Solvency II Reviews erhalten. Zwar gebe es zurzeit keine belastbaren Indizien, dass die Parameter zur pauschalen Berechnung des Naturkatastrophenrisikos zu niedrig bemessen sind und selbst die Schäden im Ahrtal im Juli 2021 waren mit der geltenden Kapitalunterlegung ausreichend gedeckt – doch wären regional konzentrierte Versicherer mit Abdeckung von Elementarschäden in dieser Cresta-Zone aufgrund mangelnder Diversifizierung des Überschwemmungsrisikos schnell an ihre Grenzen gekommen und hätten das Schadenausmaß mit dem faktorbasierten Solvency II-Ansatz stark unterschätzt . Während einerseits die statistisch nachgewiesenen Zunahmen von Umweltkatastrophen und Extremwetterereignissen im Solvency II-Standardmodell bisher nicht berücksichtigt sind, werden andererseits die aufsichtsrechtlichen Anforderungen immer stärker: Die Folgen des Klimawandels – abhängig von Geschäftsmodell und Risikoprofil – sollen im ORSA über konkrete Szenarien aufgezeigt sowie quantitativ bewertet werden. Zudem müssen sich Versicherer detailliert mit der für Sie veränderten Risikosituation beschäftigen.

Die folgenden zukünftigen Aspekte bleiben weiterhin zu klären und müssen regelmäßig auf Eignung und Angemessenheit seitens der Aufsicht, der Politik oder der Versicherer überprüft werden:

  • Einführung einer Pflichtversicherung für Elementarschäden
  • Kalibrierung der Solvency II-Standardformel im Modul Naturkatastrophen
  • Anpassung der Wiederkehrperiode (200-Jahres-Ereignis)
  • Anpassung der Granularität oder Korrelation der Cresta-Zonen
  • Art und Menge der Rückversicherung und Risikodiversifikation bei regional tätigen Versicherern mit erhöhtem Kumulrisiko
  • Zusammenschluss zu Schadenpools wie dem Anfang 2022 etablierten Naturkatastrophen-Schadenpool
Neben den Aspekten zur Risikofrüherkennung, der Bestimmung der fortlaufenden Analyse der Risikotragfähigkeit und der Risikosteuerung (u. a.) weist der IDW PS 340 ebenfalls auf die Notwendigkeit der Risikoaggregation hin. Diese ist vor allem deshalb von Bedeutung, da die Kombination von Risiken, die sich einzeln betrachtet unter einem Schwellenwert (d. h. ggf. nicht materiell) bewegen, zu einer Bestandsgefährdung führen kann. Diese Risikokonzentration gilt es zu identifizieren und entsprechende Maßnahmen der Mitigation einzuleiten.

Schon in der 2020 erschienenen Benchmarkstudie zum Risikomanagement durch das Unternehmen Deloitte zeigte sich, dass lediglich 24 % der Unternehmen ein fundiertes Simulationsverfahren zur Risikoaggregation nutzen. Welche Vorteile diese Art der Risikozusammenfassung bringen kann, lässt sich u. a. im kürzlich erschienenen Beitrag im Bavarian Journal of Applied Science zum Thema „Disruptive Veränderungen im Risikomanagement durch eine Risikobewertung mit Monte-Carlo-basierter Aggregation?“ erkennen.

In der Regulatorik der Versicherungsunternehmen (Solvency II) ist die Aggregation von Risiken bereits etabliert. Die hier im Standardmodell getroffene Annahme der Risikodiversifikation steht im Gegensatz zu der oben beschriebenen. Die Diversifikationseffekte erstrecken sich hierbei auf die räumliche Komponente sowie auf die Abhängigkeiten unter den einzelnen Risikoklassen.

Der Aufbau einer Risikoaggregation fußt auf der Ermittlung einer mathematischen-stochastischen Verteilung der einzelnen Risiken. In der einfachsten Form werden hier, z. B. für eine Normalverteilung, Erwartungswert und Standardabweichung geschätzt. Für die Ermittlung, ob es bei der Aggregation zu einer Konzentration oder Diversifikation kommt, kann die Monte-Carlo-Simulation verwendet werden. Hierbei werden z. B. 10.000 mögliche Szenarien zufallsbasiert simuliert. Dies geschieht einmal für die Risiken separat und dann über eine Korrelationsmatrix zusammengefasst. Komplexere Varianten, die sich bereits in der Finanzwirtschaft wiederfinden, umfassen dann die Simulation der Abhängigkeit über Copulas, die auch nicht-lineare Zusammenhänge abbilden können.

Ab dem 1. Januar 2024 müssen entsprechend berichtspflichtige Unternehmen gemäß den Anforderungen der EU-Taxonomieverordnung über die Wirkung ihrer Tätigkeiten auf die EU-Klimaziele berichten. Es zeigt sich bereits jetzt, dass die Umsetzung der regulatorischen Vorgaben große Teile eines Unternehmens betrifft, angefangen bei der konkreten Auslegung der Anforderung über die Integration in Governance und interne Kontrollsysteme bis hin zur Implementierung der technischen Voraussetzungen und der Identifikation und Bereitstellung der benötigen Daten.

Um dieser ganzheitlichen Herausforderung gerecht zu werden, empfiehlt es sich, einen übergreifenden Projektansatz zu wählen, der Regulatorik, Methodik und Technik zusammenbringt und Synergien bei der Implementierung hebt. Zusätzlich sollte ein Projekt möglichst „agil“ sein, um auf geänderte Herausforderungen früh reagieren zu können. Übergreifend kann das Vorgehen auf drei wesentliche Schritte heruntergebrochen werden, wie nachfolgend aufgezeigt:

Aktuelle Herausforderungen im Reporting: Umsetzung der Anforderungen aus der EU-Taxonomieverordnung

1 Auslegung der regulatorischen Anforderungen, auch über Austausch in Arbeitskreisen und mit dem Wirtschaftsprüfer
2) Ableitung einer unternehmensindividuellen Methodik zur Ermittlung der Taxonomiekonformität
3a) Anpassung/Erweiterung der Governance und der internen Kontrollsysteme, um Auditierbarkeit des neuen Reportings sicherzustellen
3b) Identifikation der benötigten Daten zur Ermittlung der regulatorisch geforderten Kennzahlen
3c) Anpassung der bestehenden / Schaffung neuer IT-Systeme zur Abbildung der Reportingstrecken

Freuen Sie sich auf unseren nächsten Newsletter, in dem wir detailliert auf die entstehenden Anforderungen eingehen werden und unser Vorgehensmodell zur erfolgreichen Implementierung des Nachhaltigkeitsreportings beschreiben.

Die Solvenzquoten der deutschen Lebensversicherer sind aufgrund des allmählichen Zinsanstiegs im vergangenen Jahr laut Analysen der Ratingagentur Assekurata und des Zweitmarktanbieters Policen Direkt (auf Grundlage der nach Solvency II zu veröffentlichenden Solvency and Financial Condition Reports [SFCR]) deutlich größer geworden. Im Durchschnitt konnte ohne Berücksichtigung von aufhellenden Übergangsmaßnahmen eine Steigerung von 390 Prozent auf 460 Prozent ausgewiesen werden.

Mithilfe der Solvenzquote lässt sich sehr schnell ein Eindruck von der Finanzstärke des Unternehmens ableiten. Sie zeigt auf einen Blick, wie robust das Versicherungsunternehmen in den von Solvency II definierten Stresssituationen aufgestellt ist und wie gut es in der Lage ist, die Garantiezusagen erfüllen zu können. Die Solvenzquote sollte allerdings nicht isoliert betrachtet werden, sondern immer im unternehmensindividuellen Kontext. Die Solvency II-Richtlinie sieht eine Solvenzquote von mindestens 100 Prozent vor. Ein Unternehmen mit einer Solvenzquote von 400 Prozent würde demnach über den vierfachen Wert an Eigenmitteln gegenüber der aufsichtsrechtlichen Vorgabe verfügen.

Das aktuelle vermeintlich hohe Solvenzniveau ist jedoch unter verschiedenen Blickwinkeln zu sehen. Zunächst lässt sich feststellen, dass die Werte zwischen den einzelnen Lebensversicherern stark gestreut sind. Die Spannweite erstreckt sich laut Assekurata von unter 200 Prozent bis hin zu über 1.000 Prozent (den Spitzenwert erreicht die SV Lebensversicherung mit 1.125 Prozent). Zudem stellt die Solvenzquote bei Lebensversicherern mit langfristigem und zinsgebundenen Geschäftsmodell stets eine Momentaufnahme dar, da sie stark von den Zinsbedingungen am Kapitalmarkt abhängt. Darüber hinaus wenden viele Lebensversicherer Long-Term-Guarantee-Maßnahmen wie die Volatilitätsanpassung sowie die Übergangsmaßnahmen (Erleichterungen zur Erreichung der Solvency II-Vorgaben) der EIOPA an. Besonders letztere, die ab dem Jahr 2032 wegfallen werden, erhöhen die Solvenzquoten deutlich. Betrachtet man die Solvenzquoten ohne Berücksichtigung der Übergangsmaßnahmen, so zeigt der Trend zwar auch in eine positive Richtung, allerdings fallen in diesem Fall immer noch einige Versicherer unter die Marke von 100 Prozent. Auch deshalb warnt die EIOPA vor der Abhängigkeit der Übergangsmaßnahmen und weist die Unternehmen darauf hin, dass frühzeitig Pläne durch die Unternehmen entwickelt werden müssen, um sich davon lösen zu können.

April 2022

Das Management von Umweltrisiken sowie Nachhaltigkeit als vollumfängliches Thema gewinnt für langfristige Investor:innen und folglich auch für europäische Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung (EbAV) mehr und mehr an Bedeutung. Die Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (EIOPA) plant mit einem Stresstest für europäische EbAV Erkenntnisse zu den Auswirkungen von Umweltrisiken auf den Betriebsrentensektor zu generieren.

Zielsetzung
Der Stresstest fokussiert auf die Auswirkungen auf die Kapitalanlagen und finanzielle Situation der EbAV. Zum Erkenntnisgewinn wird ein Klimawandelszenario auf die Bilanz angewendet, welches sektorspezifische Schocks umfasst. Diese sollen die Reaktion von Anlageportfolios und entsprechende Wertminderungen differenziert nach den wichtigsten Sektoren und Geschäftsbereichen der Kapitalanlagen zeigen.
Zusätzlich werden mit Hilfe von zwei Fragebögen weitere Informationen erhoben. Ein Fragebogen baut inhaltlich auf der im Rahmen des Stresstests der europäischen EbAV 2019 durchgeführten ESG-Analyse auf. Der zweite Fragebogen beschäftigt sich inhaltlich mit den Auswirkungen der Inflation auf die Alterseinkünfte von Versorgungsanwärtern sowie Leistungsempfängern. Die Inflation wirkt sich mit hoher Wahrscheinlichkeit negativ auf Kapitalanlagerenditen aus. Zudem sind ohnehin hochverschuldete Unternehmen und Staaten, im Speziellen langfristige Kapitalanlagen, negativ von der Inflation betroffen. Unabhängig von den potenziellen Reaktionen der Europäischen Zentralbank sollen durch den zweiten Fragebogen Informationen darüber erhoben werden, wie nationale Rahmenbedingungen in Form von Systemen zum Schutz von Rentenansprüchen Auswirkungen der Inflation vermindern bzw. adaptieren.

Umfang
Es handelt sich um einen europaweiten Stresstest der EbAV mit leistungsorientierten und beitragsorientierten Geschäftsmodellen. Alle Länder des EWR mit einem EbAV-Anlagevolumen von mehr als 500 Mio. EUR nehmen teil (Anm.: Diese Länder sind nicht im Scope des Stresstest inbegriffen: Bulgarien, Estland, Griechenland, Kroatien, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Rumänien, Tschechische Republik, UK, Ungarn.). Die Auswahl der Stichprobe der teilnehmenden EbAV übernehmen die jeweils zuständigen Behörden.

Das Szenario
Getestet wird die Widerstandsfähigkeit der europäischen EbAV gegenüber einem Klimawandelszenario über einen Zeitraum von 3 Jahren. Aufgrund des kurzfristigen Betrachtungshorizonts werden die wirtschaftlichen Vorteile der nachhaltigen Transformation sowie die wirtschaftliche Erholung nicht betrachtet. Ebenso schließt das Szenario physische Risiken aus, da diese im betrachteten Zeithorizont voraussichtlich nicht eintreten werden. Das Szenario wurde von der EIOPA, dem Europäischen Ausschuss für Systemrisiken und der Europäischen Zentralbank (EZB) entwickelt.

Das Szenario simuliert einen plötzlichen Übergang zur Klimaneutralität aufgrund verspäteter politischer Maßnahmen. Die infolgedessen stark ansteigenden Kohlenstoffpreise haben Auswirkungen auf die transitorischen Risiken, welche sich auf kohlenstoffintensive Anlagen auswirken. Ein solcher Schock betrifft sowohl das Kredit- als auch das Marktrisiko, durch die direkte Wirkung auf kohlenstoffintensive Wirtschaftssektoren und die indirekte Wirkung über Produktions- und Lieferketten.

Zeitplan
Die Auftaktveranstaltung und die Durchführung des Stresstests sowie die Übermittlung der Ergebnisse an die entsprechenden nationalen Aufsichtsbehörden durch teilnehmende EbAV sind bis Juni 2022 geplant. Die Veröffentlichung der Ergebnisse wird im Dezember 2022 erwartet.

Am 21. März 2022 veröffentlichte die Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (EIOPA) ihre Empfehlungen für Aufsichtsbehörden und Versicherungsunternehmen auf Basis der Ergebnisse des 2021 durchgeführten Stresstests.

In regelmäßigen Abständen führt die EIOPA Stresstests für die Versicherungsbranche durch, um die Resilienz der Branche gegenüber schweren, aber realistischen, finanziellen und wirtschaftlichen Entwicklungen zu beurteilen und diese auf Basis der Ergebnisse mittels Maßnahmen zu stärken. Der Stresstest 2021 fokussierte sich auf ein verlängertes COVID-19-Szenario mit einem „lower for longer“ Zinsniveau, um die Auswirkungen auf Kapital und Liquidität zu beurteilen.

Die resultierenden Empfehlungen der EIOPA lassen sich in drei Themenkomplexe differenzieren:

  1. Empfehlungen zu identifizierten Schwachstellen
  2. Empfehlungen zur Verfügbarkeit von Maßnahmen zur Bewältigung widriger Umstände
  3. Unternehmensindividuelle Empfehlungen

Im Rahmen der identifizierten Schwachstellen empfiehlt die EIOPA Aufsichtsbehörden vermehrt darauf zu achten, die Abhängigkeit der Unternehmen von den Übergangsmaßnahmen von Solvency I zu Solvency II zu verringern. Des Weiteren sollten sowohl Risiken, die einen erheblichen Rückgang der SCR-Quoten von (Rück-)Versicherungsunternehmen zur Folge haben, als auch die Risiken, welche nicht von Solvency II betroffen sind, adäquat gesteuert werden, um die Resilienz der Unternehmen zu steigern.

Bezüglich potenzieller Managementmaßnahmen sollten die Aufsichtsbehörden untersuchen, aus welchen Gründen sich Unternehmen gegen Maßnahmen entschieden. Wurden Maßnahmen im Rahmen des Stresstests von Unternehmen umgesetzt empfiehlt die EIOPA die Analyse ihrer Durchführbarkeit und Wirkungsweisen. Weiterhin ist die Bewertung der Reaktionsfähigkeit der betrachteten Unternehmen im Falle widriger Umstände Bestandteil der veröffentlichten Empfehlungen. Hierbei sind die Entscheidungsprozesse ebenso wie die Fähigkeit, relevante Informationen zu sammeln, und die durch angewandte Modelle beeinflusste Reaktionszeit auf negative Entwicklungen zu betrachten.

Abschließend spricht die EIOPA eine spezifische Empfehlung zur Anwendung aufsichtsrechtlicher Maßnahmen und ggf. Vor-Ort-Besuchen einer Behörde, auf Basis der erhobenen Daten bei einem bestimmten Unternehmen, aus.

Für einen langfristigen Beitrag zur Steigerung der Resilienz des Versicherungssektors in Europa hat die EIOPA Folgemaßnahmen definiert und will zukünftig eine koordinierende Rolle bei der Umsetzung der beschriebenen Empfehlungen übernehmen.

Die Meldungen um immer neue Höchststände der Inflation in Deutschland (zuletzt 7,3 % im März 2022) reihen sich aneinander. Angesichts dessen stellt sich die Frage, welche Risiken mit der Inflation für Versicherungsunternehmen einhergehen. Diese Frage lässt sich allerdings nicht eindeutig beantworten, da die Antwort für die verschiedenen Sparten sehr unterschiedlich ausfällt.

In der Lebensversicherung spielt die Inflation eine überschaubare Rolle, da die Lebensversicherer letztlich Nominalzinsen und nicht Realzinsen garantieren. Somit trägt das Inflationsrisiko nicht der Versicherer, sondern insbesondere der Versicherungsnehmer.

In der Schadenversicherung hingegen wirkt sich die Inflation in Form zunehmender Schadenkosten aufgrund steigender Preise für Reparatur-, Material-, Wiederherstellungskosten etc. direkt auf die Versicherungsunternehmen aus. Ein Beispiel sind u.a. teurere Ersatzteile in der Kfz-Versicherung. Das daraus resultierende Risiko können Versicherungsunternehmen aber begrenzen, indem sie jährlich ihre Prämien anpassen.

Unter dem Strich lässt sich konstatieren, dass Versicherer nur einem überschaubaren Inflationsrisiko (auf Basis der derzeitigen Niveaus) ausgesetzt sind.

Neben den physischen Auseinandersetzungen der letzten Wochen sind Cyberangriffe, wohl zum ersten Mal in der Geschichte, Teil eines Krieges geworden. Für die Versicherungswirtschaft bedeutet dies einerseits das Risiko selbst Angriffsziel solcher Attacken zu sein, andererseits stellt sich die Frage, inwieweit der in den Cyberversicherungspolicen vereinbarte Kriegsausschluss für deutsche Unternehmen greift. Das Problem erstreckt sich sowohl auf explizite Schäden, die durch Angriffe entstanden sind, als auch auf etwaige Lösegeldforderungen.

Die Versicherungswirtschaft scheint derzeit zu einem Ausschluss zu tendieren. Die Meinung verschiedener Expert:innen geht allerdings in die gegenläufige Richtung. Die Begründungen sind vielfältig. Sie reichen von der Tatsache, dass Deutschland bisher keine aktive Kriegspartei ist, bis hin zu konkreter Auslegung der Police. Hier ist dann der Versicherer die Beweislast, dass ein Ausschluss besteht, schuldig. Und dies scheint, nach einhelliger Meinung, in der Praxis schwer umsetzbar zu sein, da der Ursprung eines Cyberangriffs häufig keinem genauen Aggressor zuzuordnen ist.

Für Tochterunternehmen in der Ukraine oder Russland wird allerdings die Einzelfallentscheidung greifen. Und genau hier liegt auch für die Zukunft ein großes Problem: Auch wenn Schadenfälle zu diesem Zeitpunkt versichert sind, ist zu erwarten, dass Versicherer konkrete Ausschlüsse in den nächsten Verlängerungen vereinbaren werden.

März 2022

Zu Beginn des Jahres trat die mit Spannung erwartete EU-Taxonomie, die nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten definiert, teilweise in Kraft. Die Taxonomie stellt ein Klassifizierungssystem dar, das dazu dienen soll, Geldströme in umweltfreundliche, nachhaltige Investments zu lenken. Dies soll durch die harmonisierten Definitionen von nachhaltigen Wirtschaftsaktivitäten gelingen, die mehr Transparenz bei nachhaltigen Investmentoptionen schaffen und somit auch die Gefahr von Greenwashing für Investoren mindern soll.

Eine gemeinsame Definition von nachhaltig bzw. „grün“ zu schaffen, geht allerdings auch mit Kontroversen einher. So wurde die Entscheidung, Atomenergie und Gas als nachhaltig einzustufen, welche die Europäische Kommission Anfang Februar 2022 beschlossen hat, durchaus kritisch gesehen. Es wurde insb. angemerkt, dass die Taxonomie durch diese Änderung in zwei für viele nicht nachhaltige Energieträger an Glaubwürdigkeit verliere.

Infolge der Entscheidung werden Gas und Atomkraft somit als nachhaltige grüne Energiequellen in die EU-Taxonomie vorerst aufgenommen. Laut der Kommission soll die Verabschiedung dieses Rechtsakts dazu beitragen, das Ziel der Europäischen Union bis 2050 klimaneutral zu werden, zu erreichen. Die EU ist derzeit immer noch stark von Atomenergie abhängig, wie aktuelle Eurostat-Daten belegen; demnach wurden rund 25% der Gesamtmenge an Elektrizität, die in Europa 2020 produziert wurde, aus Atomenergie gewonnen.
Der nun angenommene Rechtsakt sieht vor, dass Investitionen in neue Gaskraftwerke bis 2030 als nachhaltig gelten, wenn sie unter anderem schmutzigere Kraftwerke ersetzen und bis 2035 komplett mit klimafreundlicheren Gasen wie Wasserstoff betrieben werden.

Die laufenden Debatten rund um die Entscheidung zeigen, dass es nicht ausreichend ist, eine Wirtschaftsaktivität bzw. das dazugehörige Unternehmen nur anhand eines Indikators, wie etwa der Konformität mit der EU-Taxonomie, als nachhaltig einzustufen. Vielmehr ist eine ganzheitliche Betrachtung erforderlich, um die Nachhaltigkeit zu bemessen, die bspw. ESG-Ratings, Nachhaltigkeitsberichterstattung, Eco-Labels, Code-of-Conduct Informationen, ESG relevante Policies und Best-Practice Methoden beinhaltet.

Mit der Veröffentlichung der aktualisierten Fassung des Rundschreibens 10/2018 (VA) am 3. März 2022 hat die BaFin die Novellierung der Versicherungsrechtlichen Anforderungen an die IT (VAIT) abgeschlossen.

Die aktualisierte Fassung der VAIT ergänzt die bisherige Fassung um wesentliche Punkte der im Oktober 2020 veröffentlichenden „EIOPA Leitlinien zu Sicherheit und Governance im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologie“ (IKT-Leitlinien). Zudem sollen mit den beiden neuen Kapiteln „operative Informationssicherheit“ und „IT-Notfallmanagement“ neue Schwerpunkte insbesondere zur Überwachung der Informationssicherheit und zur Kontrolle der Wirksamkeit von Informationssicherheitsmaßnahmen gesetzt werden. Auch in den bestehenden Kapiteln wurden einige Ergänzungen vorgenommen, mit dem Ziel die Sicherheit von Informationen und IT-Systemen weiter zu erhöhen.

Die BaFin stellt heraus, dass die Anforderungen der VAIT weiterhin unter Berücksichtigung des Proportionalitätsprinzips umzusetzen sind, und sich der Grad der Umsetzung somit an Art, Umfang und Komplexität der mit der Geschäftstätigkeit einhergehenden Risiken orientieren soll. Insbesondere den Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung (EbAV) sollen mit der Anwendung des Proportionalitätsprinzips Gestaltungsspielraum bei der Umsetzung der Anforderungen eingeräumt werden.

Die aktualisierte Fassung der VAIT tritt ab sofort in Kraft. Gleichzeitig tritt die bisherige Fassung vom 20. März 2019 außer Kraft. Die BaFin betont, dass es sich bei der aktualisierten Fassung nicht um grundlegende Neuerungen, sondern um Konkretisierungen der bereits bestehenden Anforderungen handelt. Übergangsfristen werden daher als nicht notwendig erachtet. Die aktualisierte Fassung der VAIT ist hier abrufbar.

Am 9. Februar 2022 hat die Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (EIOPA) ihren Plan zur Herstellung von Konvergenz der aufsichtlichen Praxis innerhalb der EU (Supervisory Convergence Plan for 2022) veröffentlicht.

Erstmalig hatte die EIOPA ihre EU-weiten strategischen Prioritäten im Jahr 2021 veröffentlicht. Aus diesen gingen mit der Nachhaltigkeit des Geschäftsmodells (business model sustainability) und angemessenem Produktdesign (adequate product design) zwei Themengebiete hervor. Während 2021 im Lichte der Covid-Pandemie und der damit einhergehenden aufsichtsrechtlichen Erwartungen und Reaktionen auf diese und andere Extremsituationen stand, setzt die EIOPA nun ihre Bestrebungen Konvergenz herzustellen wieder fort.

Im ihrem jüngst veröffentlichten Plan, nennt EIOPA die folgenden Prioritäten:

1. Praktische Implikationen aus der Implementierung einer gemeinsamen Aufsichtskultur und Weiterentwicklung aufsichtlicher Tools

  • Rahmenwerk zur Risikobewertung sowie Anwendung des Proportionalitätsprinzips
  • Einheitliche Maßstäbe (Benchmarks) für die Aufsicht interner Modelle
  • Aufsichtsrechtliche Bewertung von Conduct Risk
  • Aufsichtsrechtlicher Ansatz bzgl. Umwelt-, Sozial- und Governance-Risiken (ESG-Risiken)
  • Aufsichtliche Technologie (SupTech)
  • Behandlung von Captives unter Solvency II
  • Schulung der nationalen Aufsichtsbehörden

2. Risiken für den internen Markt und für einheitliche Regeln (level playing field), die zu aufsichtlicher Arbitrage führen können

  • Berechnung der versicherungstechnischen Rückstellungen
  • Bewertung der Ergebnisse interner Modelle
  • Zulassung, Eignung und Zuverlässigkeit (Fitness and Propriety)
  • Rentenfragen
  • Rückversicherung in Drittländern der EU

3. Beaufsichtigung im Zusammenhang mit Emerging Risks

  • IT-Sicherheit und Governance-bezogene Risiken, inklusive Cyberrisiken
  • Digitale Transformation
  • Beaufsichtigung von Run-Off-Gesellschaften
  • Cyber-Versicherung
  • Outsourcing und Drittanbieter

Darüber hinaus plant die EIOPA eng mit den nationalen Aufsichtsbehörden zu kooperieren, um auch auf operativer Ebene weitere Tools zu entwickeln, die die aufsichtliche Konvergenz unterstützen. In diesem Kontext soll grenzüberschreitenden Tätigkeiten besonderes Gewicht zukommen.

Der seitens EIOPA veröffentlichte Plan zur Steigerung der aufsichtlichen Konvergenz umfasst entsprechend quantitative wie auch qualitative Disziplinen. Diese beziehen sich einerseits auf konkrete Risiken der beaufsichtigten Unternehmen, und andererseits auf interne Weiterentwicklungen in der Aufsichtspraxis.

In den letzten Wochen erschienen zwei wesentliche Untersuchungen zu der zukünftigen Einschätzung von Risiken jeglicher Natur – der „Global Risk Report 2022“ (GRP) des WEFs (World Economic Forum), bei dem über 1.000 Entscheider und Experten teilnahmen und der erste „Global Insurance Report“ von McKinsey. Beide Auswertungen gehen in dieselbe Richtung:

Die kurzfristige Bedrohung durch Pandemien sowie die mittel- und langfristigen Auswirkungen des Klimawandels dominieren die oberen Ränge in der Beurteilung der Relevanz der Risiken. Damit eng im Zusammenhang wird die steigende lokale und globale Ungleichheit – Gewinner und Verlierer – hervorgehoben.

Auf unterschiedliche Weise wird auch das Thema Zinsanhebung, bzw. lokale Unterschiede hierin, als Themenkomplex angesprochen. Die ungleichen Zinsanhebungen üben weiter Druck auf die Lebensversicherer aus. Im weiteren industriellen Kreis außerhalb der Versicherungsbranche werden sie als ein Schuldenkrisen-Risiko eingeschätzt. Der GRP zeigt allerdings, dass dieses Risiko vor allem kurz- und mittelfristige Auswirkung zu haben scheint. In einer längeren Perspektive fällt die Bedeutung zugunsten von geoökonomischer und geopolitischer Spannung zurück.

Das Risiko der Cybersicherheit ähnelt sich wiederum in beiden Analysen. Die Versicherer beschäftigen sich mit der richtigen Einschätzung der zu versichernden Cyber-Risiken und die Industrie sucht nach Absicherungs- und Mitigationsmöglichkeiten.

Stark steigende Gas- und Strompreise, kurzfristige Lieferverträge und die zunehmende Nachfrage durch die Pandemie können Energieversorger in die Insolvenz treiben. Neben den Verbrauchern kriegen nun auch die Energieunternehmen die anwachsenden Strompreise zu spüren.
Betroffen sind hauptsächlich kleinere Versorgungsunternehmen. Sie heben sich durch günstige Tarife ab, können ihre Verträge momentan jedoch nicht mehr halten bzw. erfüllen. Die Ursache dafür ist, dass sie meist nur kurzfristig Energie einkaufen, anstatt langfristige Lieferverträge einzugehen. Die Abhängigkeit vom aktuellen Preis führt jetzt aber dazu, dass die Kunden nicht länger zu den versprochenen Konditionen beliefert werden können und die Verträge gekündigt werden.

Die Folgen trägt der Verbraucher. Zwar bleibt kein Kunde ohne Strom und Gas, jedoch übernehmen die Notfallversorgung die örtlichen Anbieter, was vor allem mit höheren Preisen einhergehen kann. Durch die steigende Anzahl an Neukunden müssen auch Grundversorger zusätzliche Energie teuer zukaufen, wodurch Neukunden mit deutlich höheren Preisen rechnen müssen. Eine Entspannung der Lage auf den Energiemärkten ist derzeit nicht in Sicht.

Die aktuelle Situation zeigt, welche Bedeutung ein Risikofrühwarnsystem in der Energiebranche haben kann. Werden potenzielle Risiken frühzeitig identifiziert, können Maßnahmen eingeleitet und möglichen Verlusten entgegengesteuert werden.

Neben den wachsenden Unsicherheiten in der Branche verstärken sich auch die regulatorischen Anforderungen an das Risikofrühwarnsystem. Durch die Neufassung des IDW PS 340 sowie das Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (StaRUG) sind Energieversorger dazu verpflichtet, ein Überwachungssystem bestandsgefährdender Risiken im Unternehmen zu verankern.

Die BaFin hat am 20. Dezember 2021 ihre „Hinweise zum Solvency II Berichtswesen für Erst- und Rückversicherungsunternehmen und Versicherungsgruppen“ aktualisiert. Hierbei handelt es sich um die in der Regel im Jahresturnus vorgenommene Aktualisierung der erstmals am 16. Oktober 2015 herausgegebenen Hinweise.

Am 7. März 2022 veröffentlichte die BaFin eine Korrektur der Hinweise. An drei Stellen (Lfd. Nr. 66 h, 68 h und 68 n) wurden vorgenommene Anpassungen teilweise wieder gestrichen, da sie Konflikte mit bestehenden Validierungsregelungen verursachen konnten.

Die Hinweise betreffen sowohl das quantitative Berichtswesen mit Hilfe der Quantitative Reporting Templates als auch das den RSR, den SFCR und den ORSA-Bericht umfassende narrative Berichtswesen.

Neu in diesem Jahr ist die Zusammenfassung der Hinweise mit denen der Deutschen Bundesbank in einem gemeinsamen Dokument. Darüber hinaus gibt es verschiedene Präzisierungen zum ORSA. Hierbei geht es vor allem um die Analyse, inwieweit die Solvency II Standardformel bzw. deren Annahmen für das eigene Unternehmen zutreffen und angemessen sind bzw. wie man mit Abweichungen des eigenen Risikoprofils davon umgeht. Darüber hinaus wurden Hinweise zum Umgang mit Klimarisiken aufgenommen.

Februar 2022

Das Jahr 2022 ist zwar noch jung, jedoch steht bereits fest, dass es für die europäischen Nachhaltigkeitsbemühungen ein Entscheidendes sein wird. Einige nachhaltigkeitsbezogene regulatorische Anforderungen sind ab diesem Jahr anzuwenden, für andere werden weitere Details zu deren zukünftiger Anwendung erwartet. Im Folgenden geben wir einen kurzen Überblick.

EU-Taxonomie: Klassifikationssystem für ökologisch nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten teilweise in Kraft
Seit dem 1. Januar 2022 ist die Taxonomie für die ersten beiden, klimabezogenen Umweltziele (Klimaschutz und Anpassung an die Folgen des Klimawandels) anzuwenden. Unternehmen, die unter die Taxonomie-VO fallen, müssen den Anteil der „ökologisch nachhaltigen“ Umsatzerlöse, Investitions- und Betriebsausgaben nach Art. 8 Abs. 2 Taxonomie-VO reporten. Für das Geschäftsjahr 2021 sind somit in der Berichtserstattung ab dem 1. Januar 2022 Angaben zu Aktivitäten zu machen, die wesentlich zu den ersten beiden Umweltzielen beitragen. Ab dem Geschäftsjahr 2022 (bzw. 1. Januar 2023) sind diese auch für die weiteren vier, umweltbezogenen EU-Umweltziele zu tätigen.

Offenlegungs-VO: Anwendung der RTS verschiebt sich erneut
Die EU-Kommission hat am 25. November 2021 angekündigt, dass sich der Anwendungszeitpunkt der 13 technischen Regulierungsstandards (RTS) zur Offenlegungs-VO nochmal, aktuell auf den 1. Januar 2023, verschieben wird. In dem Schreiben der EU-Kommission heißt es außerdem, dass die Referenzperiode für die Erklärung zur Berücksichtigung der Principle Adverse Impacts (PAIS) das Kalenderjahr 2022 ist. Der erste Bericht zu den PAIs auf Unternehmensebene wird dann im Juni 2023 fällig. Somit müssen Unternehmen weiterhin ab dem 1. Januar 2022 Informationen zu den PAIs aggregieren, um über diese, nächstes Jahr berichten zu können.

CSRD: Finalisierung der erweiterten Nachhaltigkeitsberichterstattung
Mit der geplanten Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) will die EU-Kommission die nichtfinanzielle Berichterstattung deutlich aufwerten. Die Anforderungen an nichtfinanzielle Informationen zu möglichen Auswirkungen des unternehmerischen Handelns auf Umwelt und Gesellschaft werden verschärft und sind zukünftig Gegenstand einer obligatorischen Prüfung.
Große Unternehmen müssen die neuen Anforderungen bereits ab dem Geschäftsjahr 2023, d.h. in zu veröffentlichenden Lageberichten ab dem 1. Januar 2024, erfüllen. Für kapitalmarktorientierte kleine und mittlere Unternehmen ist eine entsprechende Veröffentlichung erst ab dem 1. Januar 2026 verpflichtend. Dies ist nicht mehr viel Zeit, da die endgültige Fassung der EU-Richtlinie erst im Juni 2022 verabschiedet wird und vielen Unternehmen noch nicht endgültig klar ist, welche Kompetenzen und Prozesse intern benötigt werden, um die neuen Anforderungen zu erfüllen.

MiFID II, IDD und Solvency II: Integration von Nachhaltigkeitsrisiken und -faktoren in Entscheidungs- und Beratungsprozesse
Am 2. August 2022 treten die nachhaltigkeitsbezogenen Änderungen von MiFID II in Kraft, welche die Einbeziehung von Nachhaltigkeitsfaktoren, -risiken und -präferenzen in bestimmte organisatorische Anforderungen und Prozesse verlangen. Etwas später, ab dem 22. November 2022 sind auch die Anforderungen hinsichtlich der Integration von Nachhaltigkeitsfaktoren in die Produkt-Governance umzusetzen.
Der 2. August 2022 ist auch für Versicherungsunternehmen ein wichtiger Termin. Ab diesen Tag sind die nachhaltigkeitsbezogenen Änderungen von Solvency II und IDD umzusetzen. Diese verlangen die Einbeziehung von Nachhaltigkeitsrisiken in die Governance von Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen (Solvency II). Versicherungsunternehmen und -vertriebe müssen zukünftig Nachhaltigkeitsfaktoren, -risiken und -präferenzen in der Produktaufsicht, Governance, Wohlverhaltensregeln und in der Anlageberatung für versicherungsbasierte Anlageprodukte (IBIP) berücksichtigen (IDD).

Die BaFin befragte Anfang 2021 Versicherungsunternehmen und Pensionsfonds zu ihrem Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken. Die Auswertung ergaben, dass die Branche bereits für Nachhaltigkeitsaspekte sensibilisiert ist und erste Schritte unternimmt, insgesamt jedoch noch am Anfang der Reise steht.

Die Unternehmen verfolgen größtenteils einen ganzheitlichen Ansatz und beschäftigen sich neben den ökologischen Faktoren auch mit sozialen Nachhaltigkeitsfaktoren und Governance-Aspekten. Versicherer und Pensionsfonds sind vor allem daran interessiert, Reputationsschäden vorzubeugen sowie Nachhaltigkeitsrisiken zu identifizieren und deren Entwicklung zu beobachten. Die Mehrheit der befragten Unternehmen strebt zudem eine aktive Steuerung der Nachhaltigkeitsrisiken an, um die aus dem nachhaltigen Wandel entstehenden Chancen aktiv nutzen zu können (Abb. 1).

Motivation der Versicherungsunternehmen sich mit Nachhaltigkeitsrisiken ausei-nanderzusetzen (Quelle: BaFin (2022), S. 4, Nachhaltigkeit in der deutschen Versicherungswirtschaft)
Abbildung 1: Motivation der Versicherungsunternehmen sich mit Nachhaltigkeits-risiken auseinanderzusetzen (Quelle: BaFin (2022), S. 4, Nachhaltigkeit in der deutschen Versicherungswirtschaft)

Insgesamt sehen Versicherungsunternehmen und Pensionsfonds Nachhaltigkeitsrisiken als großen Einflussfaktor für sämtliche Risikokategorien. Jedoch stufen lediglich 51 % die Auswirkungen auf das Reputationsrisiko und 45 % auf das Marktrisiko als wesentlich ein. Im Aktivbereich ist vor allem das Anlagerisiko von ESG-Risiken betroffen. Im Passivbereich sind bislang hauptsächlich KFZ-Versicherungen sowie sonstige Sachversicherungen beeinflusst. In der Lebensversicherung werden neben den Einflüssen auf die Kapitalanlage bislang keine direkten Auswirkungen auf Produktseite gesehen.

Bei der strategischen Integration von Nachhaltigkeitsrisiken orientieren sich die Unternehmen überwiegend an politischen Nachhaltigkeitszielen, wie zum Beispiel dem Pariser Klimaschutzabkommen. Einige legen zudem Wert auf aktive Dialoge mit Stakeholdern wie etwa Investoren, um verantwortungsvolle Wirtschaftstätigkeiten zu fördern. Nur wenige rechnen mit der Einstellung von Geschäftsfeldern in Folge der Integration von Nachhaltigkeitsrisiken. Eine Überarbeitung und Anpassung der Geschäftsfelder sind jedoch für rund ein Drittel der befragten Unternehmen wahrscheinlich. Die Verantwortung für die Nachhaltigkeitsthematik liegt fast ausschließlich bei der Geschäftsleitung.

Hinsichtlich eines Risikomanagementzyklus hat die Mehrheit der befragten Versicherungsunternehmen und Pensionsfonds bereits einen entsprechenden Zyklus entwickelt, bei dem ESG-Risiken berücksichtigt werden. Die Einschätzung und Bewertung der Risiken beschränken sich hierbei bislang aufgrund mangelnder Datengrundlagen hauptsächlich auf qualitative Methoden.

Die Studie der BaFin hebt hervor, dass aktuell nahezu drei Viertel der Unternehmen keine Szenarioanalysen oder Stresstests im Nachhaltigkeitskontext durchführen (Abb. 2). Dies ist vor allem dem Hintergrund geschuldet, dass die BaFin diese Stresstests, für Solvency II regulierte Versicherungsunternehmen, bereits in diesem Jahr im Rahmen des ORSA erwartet. Der Exekutivdirektor der Bafin Dr. Frank Grund betont, dass die Aufsicht Nachhaltigkeit weiterhin in den Fokus ihrer Arbeit stellen und insofern die Weiterentwicklung der Unternehmen erwartet und begleitet.

Werden Nachhaltigkeitsrisiken integrierende Szenarioanalyse/Stresstests durch-geführt? (Quelle: BaFin (2022), S. 13, Nachhaltigkeit in der deutschen Versiche-rungswirtschaft)
Abbildung 2: Werden Nachhaltigkeitsrisiken integrierende Szenarioanaly-se/Stresstests durchgeführt? (Quelle: BaFin (2022), S. 13, Nachhaltigkeit in der deutschen Versicherungswirtschaft)

Den vollständigen Artikel im BaFin Journal finden Sie hier.

Während sich der ein oder andere zum Jahreswechsel einen Besuch im Fitnessstudio auf die Liste der guten Vorsätze für 2022 geschrieben hat, haben international agierende Versicherungsunternehmen ein ähnlich ambitioniertes Vorhaben. Genauer gesagt bereiten sie sich in diesem Jahr auf die geänderten Anforderungen für den Bilanzausweis ab 1. Januar 2023 vor. Nach zweimaliger Verschiebung (urspr. Januar 2021, dann Januar 2022) gilt es nun, den neuen internationalen Rechnungslegungsstandard für Versicherungsverträge anzuwenden: IFRS17.

Das Regelwerk befindet sich nun über 20 Jahre lang in Entwicklung und soll die zukünftige Bilanzierung von Versicherungsverträgen verbessern, also deren Erfassung, Bewertung und Offenlegung auf der Passivseite in der Bilanz. Im Mittelpunkt steht das Ziel einer transparenten, einheitlichen und damit vergleichbaren Darstellung der Finanz- und Ertragssituation der großen Erst- und Rückversicherer. Damit sollen eine verbesserte Einschätzung und ein umfassender Vergleich der Kennzahlen durch Investoren sowie Verbraucher ermöglicht werden.

Obwohl der prinzipienbasierte Bilanzierungsstandard erst zu Beginn des neuen Jahres verpflichtend Anwendung finden muss und dieses Jahr noch nach dem seit 2005 geltenden Übergangsstandard IFRS4 bilanziert wird, sollten die neuen Prozesse und Daten bereits jetzt in den Startlöchern stehen. Um konsistente und aussagekräftige Vergleichszahlen für die Eröffnungsbilanz 2023 vorzuweisen, muss bereits die Eröffnungsbilanz 2022 nach den neuen Regeln aufgestellt werden – zwar ohne die Einhaltung kritischer Deadlines, dafür aber mit dem Anspruch an Korrektheit, Verlässlichkeit und Nachvollziehbarkeit der ausgewiesenen Zahlen.

Besonders bei der Interpretation des Standards, der Auslegung seiner Prinzipien sowie bei der Rechtfertigung für ausgeübte Wahlrechte gab es in den vergangenen Jahren vermehrt Diskussionen, die bei den ersten Bilanzprüfungen durch Wirtschaftsprüfungsgesellschaften wieder aufgerollt werden könnten. Ob und in welchem Maßstab die Bilanzausweise dann bemängelt werden und wie viel Kalibrierungsaufwand in den darauffolgenden Jahren notwendig ist, bleibt somit weiterhin offen. Sicher ist nur, dass mit dem 1. Januar 2023 das Thema IFRS17 nicht kommentarlos in den Regelbetrieb aufgenommen wird und sich auf einen Schlag erledigt hat.

Die Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (EIOPA) konsultiert seit dem 10. Dezember 2021 ihren Leitfaden zur Beurteilung von Klimarisiken sowie zur Einbindung von Klimaszenarien im Rahmen des ORSA „Consultation paper on Application guidance on running climate change materiality assessment and using climate change scenarios in the ORSA (europa.eu)“. Dieser setzt auf der „Opinion on the supervision of the use of climate change risk scenarios in ORSA vom April 2021“ (EIOPA-BoS-21-127 – EIOPA, 2021a) auf und soll die Unternehmen bei der Beurteilung von Klimarisiken und der Durchführung von Analysen zum Klimawandel unterstützen.

Die EIOPA stellt dar, dass die betroffenen Unternehmen Klimarisiken in ihrer unternehmenseigenen Risiko- und Solvabilitätsbeurteilung berücksichtigen sollten, indem sie die Auswirkungen der Klimarisiken auf ihr Risikoprofil beschreiben und bewerten. Hierzu empfiehlt EIOPA, die Klimarisiken in physische und transitorische Risiken zu unterteilen und deren kurz-, mittel- und langfristige Auswirkungen zu beurteilen.
Darüber hinaus bietet das Konsultationspapier eine Orientierungshilfe zur Analyse von Klimaszenarien. Der zu betrachtende Zeithorizont erstreckt sich über mehrere Jahrzehnte und geht somit weit über die üblicherweise im ORSA betrachteten 1-3 bzw. 5 Jahre hinaus. In diesem Zusammenhang sollten Unternehmen mindestens zwei langfristige Szenarien betrachten: Ein Szenario, bei dem der globale Temperaturanstieg unter 2°C verbleibt und ein Szenario, bei dem der Anstieg über 2°C beträgt.

EIOPA fordert die Unternehmen auf ihre Fragen und Kommentare bis spätestens 10. Februar 2022 zu übermitteln. Der finalisierte Leitfaden ist dann im Juni 2022 zu erwarten.

Am 11. Januar 2022 erschien der Global Risk Report 2022, welcher die Ergebnisse der jüngsten Umfrage zur Wahrnehmung globaler Risiken (Global Risks Perception Survey, GRPS) enthält.

Der jährlich erscheinende Risikobericht verdeutlicht, dass Klima- und Umweltrisiken (wie etwa der Verlust der Biodiversität und extreme Wetterereignisse) bestimmende Faktoren sind und das größte Risiko für die kommenden zehn Jahre darstellen. So sind allein fünf der Top 10 der schwerwiegendsten Risiken auf globaler Ebene in den kommenden zehn Jahren gemäß des aktuellen Global Risk Reports reine Umweltziele. Das (1) Scheitern der Anpassung an den Klimawandel, (2) Extreme Wetterereignisse und (3) der Verlust der Biodiversität machen sogar die Top 3 des Rankings aus und zeigen damit klar auf, dass die langfristigen Auswirkungen von Umweltrisiken als die potenziell schädlichsten für die Menschen und den Planeten erachtet werden.

Es ist jedoch wichtig zwischen den unterschiedlichen Risikoarten wie physischen Risiken, Übergangsrisiken und Haftungsrisiken, zu unterscheiden, die je nach Ausmaß der Auswirkungen ebenso zu wirtschaftlichen Schäden führen können. Davon sind sowohl Unternehmen (direkt) als auch Kapitalmärkte (indirekt) betroffen.

Aus diesem Grund ist es umso relevanter, diese Risiken in die Managementsysteme und allen voran in das Risikomanagement zu integrieren, zu bewerten und zu steuern.

Zum 1. Januar 2022 wurde der Höchstrechnungszins von 0,9 Prozent auf 0,25 Prozent gesenkt. Das hat zur Folge, dass Versicherer bei neuen Verträgen nur noch eine jährliche Verzinsung von maximal 0,25 Prozent garantieren dürfen. Dies ist primär auf das anhaltend niedrige Zinsniveau zurückzuführen und hat deutliche Auswirkungen in der Lebens- und Rentenversicherung zur Folge. Beispielsweise kann die Rentabilität sowie die Verkaufbarkeit der klassischen Lebens- und Rentenversicherungen dadurch verringert werden, weshalb die Unternehmen ihr Angebot an Produkten schon länger umbauen und neuartige Garantieformen entwickeln.

Bei dem Höchstrechnungszins und dem Garantiezins handelt es sich nicht um dieselben Werte. Unter dem Garantiezins versteht man den Wert, den Versicherer ihren Kunden bei der Beitragsberechnung mindestens zusichern. Der Höchstrechnungszins gibt eine Obergrenze für die Berechnung der Deckungsrückstellung an und stellt folglich den maximalen Garantiezins dar.

Besonders betroffen sind staatlich geförderte Angebote wie die Riester-Rente. Hier ist eine 100-prozentige Beitragsgarantie gesetzlich vorgeschrieben und es fallen überproportional hohe Verwaltungskosten an, die durch Beiträge und Überschüsse finanziert werden müssen. Die zunehmende Schwierigkeit, dies zu erreichen, reduziert die Profitabilität und Attraktivität dieser Produkte sowohl für Anbieter als auch für Kunden und kann ggf. sogar zum Rückzug von Marktteilnehmern führen.

Generell werden bei neuen Versicherungsprodukten Beitragserhöhungen erwartet, da die gesetzlich vorgeschriebene Höhe der Rückstellungen erfüllt werden muss. Bestehende Verträge bleiben von der Anpassung unberührt.

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